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Microsoft Edge wird künftig zu einer Hülle für das Google-Projekt Chromium.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Drew Angere

Die Browserwelt wird wieder eine Spur weniger vielfältig. In einem Blogeintrag bestätigt Microsoft das, was die vergangenen Tage bereits die Runde durch die IT-Presse machte: Das Unternehmen stellt die Entwicklung der eigenen Rendering Engine EdgeHTML ein. Zwar soll es auch weiter einen Browser aus dem Hause Microsoft geben, sogar der Name Edge soll dabei beibehalten werden. Mit bisherigen Versionen wird dieser – zumindest aus technischer Sicht – aber nur wenig gemein haben.

Chromium ist die Zukunft

Microsoft will seinen Browser auf Basis von Chromium neu aufbauen. Dabei handelt es sich um die Open-Source-Grundlage von Chrome, die bisher fast zur Gänze von Google entwickelt wird. Der Wechsel soll innerhalb des kommenden Jahres vorgenommen werden, einen genauen Zeitrahmen nennt man derzeit noch nicht.

Realitätscheck

Damit stellt sich Microsoft der Realität, dass der eigene Browser – trotz der Vorinstallation unter Windows – nie eine relevante Verbreitung gefunden hat. So konnte man innerhalb von drei Jahren nicht einmal die 5-Prozent-Grenze in den Nutzungsstatistiken durchbrechen, aktuell gehen die Marktanteile sogar schon wieder zurück. Gleichzeitig dominiert Chrome immer stärker das Web, und wird derzeit für rund zwei Drittel aller Web-Aktivitäten eingesetzt.

Spin

Microsoft versucht in seiner Mitteilung natürlich einen positiven Spin zu finden: Mit dem Wechsel auf Chromium sollte Edge künftig eine bessere Kompatibilität mit aktuellen Seiten bieten, zudem erleichtere man auch die Arbeit für Webentwickler. Immerhin müssen diese künftig ihre Seiten für eine Rendering Engine weniger anpassen. Desweiteren betont der Softwarehersteller, dass dieser Schritt keineswegs das Ende der eigenen Browseraktivitäten bedeutet. So habe man vor, sich aktiv am Chromium-Projekt zu beteiligen, und so auch Einfluss auf dessen weitere Entwicklung zu nehmen. Erste konkrete Projekte sind dabei die Unterstützung von ARM64-Prozessoren für den Desktop sowie die Verbesserung der Touch-Steuerung.

Windows 7, 8 und macOS

Zudem erlaube dieser Schritt eine größere Flexibilität in der Entwicklung des Browsers: So soll es künftig wesentlich öfters neue Versionen für Edge geben. Bisher waren diese an den Rhythmus der Windows-10-Updates gebunden. Vor allem aber will man mehr Plattformen unterstützen. Das heißt, dass es den neuen Edge auch für Windows 7 und 8 geben soll, eine Mac-Version ist ebenfalls in Entwicklung, versichert das Unternehmen.

Einheitsbrei

Microsoft ist nicht das erste Unternehmen, das die eigene Rendering Engine zu Gunsten von Chromium aufgibt. So verwendet etwa Opera schon seit einigen Jahren die Google-Basis. Und selbst Apple ist mit seinem Webkit nicht weit von Chromium entfernt, beide haben eine gemeinsame Vorgeschichte, und der Codeaustausch bleibt rege.

Kritik

Als komplett unabhängiges Projekt bleibt somit eigentlich nur mehr Firefox mit seiner Rendering Engine Gecko übrig, und dort nimmt man die Microsoft-Ankündigung wenig erfreut auf. Google stehe vor der kompletten Kontrolle des Internets, warnt Mozilla-Chef Chris Beard in einem Blog-Posting. Der Schritt von Microsoft sei vielleicht gut für die Aktionäre, für die Freiheit im Internet sei die De-Fakto-Aufgabe einer zentralen Online-Infrastruktur an ein einzelnes, mächtiges Unternehmen allerdings eine schreckliche Entwicklung. (Andreas Proschofsky, 7.12.2018)