Google stellt Besserung in Aussicht.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Seit wenigen Tagen ist die neue EU-Verordnung gegen Geoblocking im Onlinehandel in Kraft. Von den einst recht ambitionierten Plänen ist dabei aber kaum etwas übriggeblieben. Bei näherer Betrachtung fallen selbst Experten nur wenige für die Konsumenten wirklich relevante Verbesserungen auf. Immerhin sind in die finale Fassung der Verordnung zahlreiche Ausnahmen eingeflossen, die den realen Nutzen für die Konsumenten gegen null tendieren lassen.

Eigenimport

Zumindest eine greifbare Verbesserung verblieb aber auch in der endgültigen Fassung: Händler dürfen Kunden aus einem anderen EU-Land nicht mehr generell aufgrund ihres Wohnorts diskriminieren. Eine Pflicht zur europaweiten Lieferung besteht dabei zwar nicht, da die EU befürchtete, dass dies zu einer zu starken finanziellen Belastung für kleinere Händler werden könnte. Den Kunden wird allerdings garantiert, dass sie den Import selbst organisieren können, indem sie eine Lieferadresse im Land des Herstellers angeben und das betreffende Paket weiterleiten lassen.

Blockade statt Handel

So weit zumindest die Theorie. Denn wie sich zeigt, versuchen so manche Händler Wege zu finden, dieser Verpflichtung zu entgehen. So berichten zahlreiche STANDARD-Leser von Problemen bei der Nutzung von Paketweiterleitungsdiensten. In der Vergangenheit hatten etwa Apple oder auch Media-Markt die Lieferung an solche Services immer wieder einmal blockiert.

Google

Während dies vor Inkrafttreten der Geoblocking-Verordnung passierte, hat ein anderes großes Unternehmen diese Ausrede nicht: Google hat erst in den vergangenen Monaten damit begonnen, nach und nach die Lieferung an solche Services zu blockieren. Für österreichische Nutzer wohl am relevantesten: Seit Mitte Oktober wurden sämtliche Bestellungen aus dem deutschen Google Store an Logoix blockiert. Interessenten erhielten hier nach kurzer Zeit eine Mail, dass die Transaktion aufgrund "verdächtiger Aktivitäten im Account" abgebrochen wurde. Dabei handelte es sich aber um kein bloßes Versehen: Google hat in den vergangenen Monaten auch mehrere britische Paketweiterleitungsdienste blockiert.

Wer in den vergangenen Wochen versuchte, via Logoix aus dem Google Store Hardware zu bestellen, bekam bald danach eine Stornierung geliefert.

Rechtliche Einschätzung

Dies widerspreche der Geoblocking-Verordnung, wie Andreas Zellhofer von der auf Wirtschaftsrecht spezialisierten Kanzlei Eisenberger & Herzog im Gespräch mit dem STANDARD betont. Ein Händler dürfe Lieferungen zu Paketweiterleitungsdiensten nicht in Bausch und Bogen blockieren: "Genau auf solche Dienste baut die EU-Verordnung, ansonsten hätten Kunden nämlich keine Möglichkeit, Waren von Händlern zu beziehen, die nicht in ihren Heimatstaat liefern."

Mitarbeiter des Google-Supports hatten gegenüber verärgerten Kunden zunächst damit argumentiert, dass man nur an Privatpersonen nicht aber an Firmen liefere – und solche Dienste als Firmen klassifiziere. Diese Argumentation geht ins Leere, wie Zellhofer herausstreicht, ist doch immer der jeweilige Besteller Vertragspartner – und nicht das Logistikunternehmen. Die Verweigerung der Zusammenarbeit mit solchen Dienstleistern wäre im übrigen auch kartellrechtlich problematisch und bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung.

In der Vergangenheit hatten Online-Händler auch immer wieder damit argumentiert, dass solche Services für illegale Aktivitäten genutzt werden – etwa von Händlern, die sich als Endkunden ausgeben, um auf diese Weise bestehende vertragliche Vertriebssysteme umgehen zu können. Dies könne im Einzelfall eine sachliche Rechtfertigung darstellen, so Zellhofer, sei aber kein taugliches Argument für eine generelle Blockade solcher Dienste. Von Seiten Logoix heißt es denn auch, dass man genau deswegen die Identität jedes einzelnen Kunden vorab prüfe – womit solche Vorfälle ausgeschlossen werden sollen.

Umdenken bei Google, theoretisch

In einer Stellungnahme gegenüber dem STANDARD zeigt sich Google davon überzeugt, dass man sich an geltendes EU-Recht hält. Trotzdem bedauere man, dass es bei manchen Kunden zu Problemen mit Paketweiterleitungsdiensten gekommen sei. Als Reaktion auf die Berichte habe man nun "die eigenen Prozesse verfeinert". Wer noch immer Schwierigkeiten bei der Nutzung solcher Dienste beim Einkauf im Google Store habe, solle sich an den offiziellen Support wenden.

Ein Ratschlag, den so mancher Kunde allerdings als Hohn verstehen könnte. Berichten doch viele der Betroffenen, dass es praktisch unmöglich gewesen sei, den Google-Store-Support zu erreichen. Auch dem STANDARD gelang dies erst nach mehrfacher Intervention bei der Google-Pressestelle. Auch sonst erweist sich das Versprechen des Unternehmens bisher als ein leeres: Eine am Donnerstag abgegebene Testbestellung an eine Logoix-Adresse wurde binnen eines Tages erst recht wieder abgebrochen. Mit diesem Umstand konfrontiert, heißt es nun von Google, dass das bei ab Freitag getätigten Bestellungen nicht mehr auftreten sollte, da man nun die versprochenen Änderungen umgesetzt habe.

Logoix ist erfreut

Bei den betroffenen Logistikdienstleistern zeigt man sich jedenfalls erfreut über die neue EU-Verordnung. So betont Alfred Niedermoser von Logoix im Gespräch, dass das Geschäft in den letzten Wochen massiv angezogen hat. Derzeit habe man gar Probleme, den Ansturm zu bewältigen, der sich aus dem neuen Kaufverhalten der Konsumenten ergibt. Insofern scheint die neue Regelung also zumindest in diesem Punkt zu greifen. (Andreas Proschofsky, 6.12.2018)