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The Fellowship of the Shoes: Dorothy und ihre Gefährten im "Zauberer von Oz".
Foto: AP Photo/Warner Bros

Turin – Ein kleines Mädchen mit roten Zauberschuhen und einem Löwen, einer Vogelscheuche und einem Mann aus Zinn als Weggefährten. Zitate wie "I've a feeling we're not in Kansas anymore" und der sprichwörtlich gewordene "Mann hinter dem Vorhang". Sowie ein Soundtrack voller Gassenhauer, allen voran der Klassiker "Somewhere over the Rainbow": All das und mehr sind Faktoren, die laut einer aktuellen Studie das Fantasy-Musical "Der Zauberer von Oz" aus dem Jahr 1939 zum einflussreichsten Film aller Zeiten gemacht haben. Da konnte selbst "Star Wars" nicht mithalten.

Forscher der Universität Turin veröffentlichten ihre Arbeit im Open-Access-Journal "Applied Network Science". Das Resultat war nicht nur eine Auflistung der angeblich einflussreichsten Filme, sondern auch entsprechende Rankings für Regisseure und Schauspieler. Die Ergebnisse waren zum Teil überraschend – insbesondere was die höchstgereihte Schauspielerin betrifft. Diese Ehre wurde nicht etwa Bette Davis, Katharine Hepburn oder Sigourney Weaver zuteil, sondern – Trommelwirbel – Lois Maxwell. Wer mit diesem Namen nicht sofort ein Gesicht verbindet, hat bis zum Ende des Artikels Zeit zu überlegen, dann kommt die Erklärung.

Die Berechnung

Wie kam dieses Ergebnis zustande? Das Team um Livio Bioglio ging auf eine ähnliche Weise vor, wie auch versucht wird, die Relevanz von Wissenschaftern und deren Arbeiten zu messen. Für diese ist das Maß, wie häufig sie respektive ihre Studien in anderen Arbeiten zitiert werden. Die Turiner Forscher werteten analog dazu aus, wie viele spätere Filmproduktionen sich auf ein früheres Werk beziehen.

Filme wurden als Knoten in einem Netzwerk betrachtet. Je mehr Verbindungen ein solcher Knoten hatte, desto höher wurde er gereiht. Und wenn die Verbindungen von Knoten kamen, die ihrerseits Mittelpunkt eines dichten Geflechts waren, rückte der von den Forschen ausgetüftelte Algorithmus ihn noch weiter nach oben.

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"Star Wars" muss sich mit zwei Vizemeistertiteln begnügen: "A New Hope" liegt bei den einflussreichsten Filmen auf Platz 2, Carrie Fisher alias Prinzessin Leia bei den Schauspielerinnen. George Lucas konnte sich unter den Regisseuren nur an 9. Stelle platzieren.
Foto: AP/Twentieth Century Fox Home Entertainment

Datengrundlage bildeten etwas über 47.000 Filme in der Internet Movie Database (IMDb), was freilich nur einen Bruchteil der darin aufgelisteten Produktionen darstellt. Kurzfilme wurden ebenso ignoriert wie Pornos. Zudem ist die "Internationalität" der Datenbank mit Vorsicht zu genießen: Westliche Filme sind hier annähernd umfassend enthalten, bei Filmen aus asiatischen oder afrikanischen Produktionsländern ist sie hingegen weit weniger gut bestückt.

Die einflussreichsten Filme

Bioglios Ergebnis sieht jedenfalls so aus: Auf Platz 1 thront "Der Zauberer von Oz". Auf den Plätzen folgen "Star Wars" (der Originalfilm), "Psycho", "King Kong" (und zwar die 1933er Version) und "2001: A Space Odyssey". Auf dem sechsten Platz konnte sich mit Fritz Langs "Metropolis" der erste Film einreihen, der nicht zum Teil oder zur Gänze eine US-Produktion ist.

Ältere Filme waren aufgrund der Berechnungsart tendenziell bevorzugt, die jüngsten Werke unter den Top 20 stammen aus den 1970er Jahren. Auffällig ist auch, wie das Klassement vom Phantastik-Genre – also Science Fiction, Fantasy und Horror – dominiert wird. Neben den bereits genannten rangieren auch noch "Frankenstein", "Schneewittchen und die sieben Zwerge", "Dracula", "Der Weiße Hai", "Nosferatu" und "Dr. Strangelove" unter den 20 höchstgereihten Filmen.

Natürlich die Nummer 1: Alfred Hitchcock.
Foto: APA/EPA/AFP

Anschließend versuchten die Forscher auch, mit einer abgewandelten Version ihres Algorithmus ein Ranking der einflussreichsten Filmschaffenden zu erstellen. Bei den Regisseuren nahm Alfred Hitchcock den Spitzenplatz ein, gefolgt von Steven Spielberg und Brian De Palma. Bei den männlichen Schauspielern besteht die Spitzengruppe aus Samuel L. Jackson auf Platz 1, gefolgt von Clint Eastwood, Tom Cruise und dem, der offenbar Österreichs größte Einflussnahme auf die Filmgeschichte ist: Arnold Schwarzenegger.

Bioglio gab an, dass seine Berechnung als Alternative zu herkömmlichen Bewertungen gedacht sei – insbesondere den üblichen Box-Office-Zahlen. Der Kartenverkauf sei zu stark von Faktoren wie Werbung oder Vertrieb beeinflusst, die in keinem Zusammenhang mit Inhalt und Qualität stünden.

Doch natürlich ist auch sein Algorithmus nicht frei von Verzerrungen. Einer davon ist die schon genannte "westliche" Schlagseite der IMDb, doch es gibt noch mehr. Wenn der Einflussreichtum daran bemessen wird, wie viele Filme sich auf ein Werk beziehen, sind Reihen und Franchises tendenziell bevorzugt. Das könnte auch eine Erklärung dafür sein, wie Lois Maxwell allen Geschlechtsgenossinnen die Show stehlen konnte: Die Kanadierin verkörperte in ihrer 55 Jahre währenden Filmkarriere zwar viele Rollen, am bekanntesten wurde sie aber durch eine sehr kleine: Sie spielte in den "James Bond"-Filmen Miss Moneypenny. (jdo, 8. 12. 2018)

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Mit einer Nebenrolle zur "einflussreichsten Schauspielerin der Filmgeschichte": Lois Maxwell.
Foto: REUTERS/Kieran Doherty