Das Projekt "Ticketshop neu" verschlang mit 131 Millionen Euro Unsummen.

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Wien – Der Rechnungshof (RH) hat den ÖBB-Ticketshop zerpflückt. Ursache für die meisten Probleme ist der Tarifdschungel im öffentlichen Verkehr. Das ließ den "Ticketshop neu" zu einem Mammutprojekt mit Gesamtkosten von 131 Millionen Euro ausarten, geht aus dem am Freitag veröffentlichen RH-Bericht hervor. Auch die Betrugsanfälligkeit der App kam die ÖBB teuer zu stehen.

Der RH kritisiert, dass die Reiseangebote sowie die Preisgestaltung für die Fahrgäste mitunter schwer nachvollziehbar sind. Beim Ticketkauf würden tarifrelevante Informationen – etwa ob die Öffis in Städten wie Linz, Salzburg, Graz, Innsbruck oder Wien (Kernzone) inkludiert sind – nicht klar ausgewiesen. Ein Beispiel: Ein ermäßigtes Zugticket vom niederösterreichischen Horn zum Wiener Hauptbahnhof kostet – abhängig von Route und Tarifberechnung – entweder 10,60 Euro, 12,80 Euro oder 13,20 Euro.

Ticketshop überfrachtet

Durch die hohe Tarifkomplexität und die vielen Ermäßigungsvarianten und Zusatzfunktionen sei der Ticketshop überfrachtet. Der Rechnungshof empfiehlt dem für die ÖBB zuständigen Verkehrsministerium von Norbert Hofer (FPÖ), auf eine Vereinfachung der Tarifstrukturen im öffentlichen Verkehr Österreichs hinzuwirken. Das würde auch die Problem des Ticketshops lösen.

Die ÖBB schlossen sich am Freitag dieser Empfehlung an: "Dies wäre dringend notwendig und würde auch die Transparenz für die Kunden deutlich erhöhen", sagte ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder.

Verkehrsressort plant Österreich-Ticket

Zur Kritik verweist das Verkehrsministerium auf Pläne zu einem Österreich-Ticket für alle Öffis. Es gebe dazu eine Arbeitsgruppe mit Verkehrsunternehmen, hieß es aus dem Ministerium.

Ziel sei ein Ticket, das österreichweit für alle öffentlichen Verkehrsmittel gilt. Einen Zeitplan für die Umsetzung gibt es noch nicht, ebenso sei der Preis "Zukunftsmusik". Verkehrsminister Hofer sagte im Sommer in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum", sein Ziel gemeinsam mit den Verkehrsreferenten der Länder sei ein "Österreich-Ticket" ähnlich dem Wiener 365-Euro-Öffi-Ticket. "Ich hoffe, dass es gelingt, es sieht nicht schlecht aus", so Hofer damals.

Sicherheitslücken

Die ÖBB kämpfen indes mit Sicherheitslücken beim Bezahlen der Fahrscheine. Wie es im RH-Bericht heißt, habe der starke Anstieg bargeldloser Zahlungstransaktionen und der zunehmende Missbrauch von Kreditkartendaten zwischen 2012 und 2017 zu Zahlungsausfällen in der Höhe von rund 4,4 Millionen Euro geführt. Die ÖBB haben reagiert und 2016 ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft. "Aktuell sind die Zahlungsausfälle von 2016 bis 2018 um 90 Prozent reduziert worden", erklärte Rieder.

Die ÖBB arbeiteten von 2005 bis 2017, also zwölf Jahre, an einem neuen Vertriebssystem. Das Ergebnis ist der Ticketshop, der seit 2016 über die ÖBB-App und auf tickets.oebb.at abrufbar ist und seit kurzem auch auf den Fahrscheinautomaten in den Bahnhöfen läuft. Die RH-Prüfer berichteten auch über Anlaufschwierigkeiten und wie die ÖBB während der Entwicklung von der rasanten Verbreitung von Smartphones quasi überrollt wurden. "Die ÖBB-Personenverkehr AG hatte ursprünglich den Zeit- und Ressourcenbedarf für die Entwicklung eines neuen Vertriebssystems auf Basis einer gemeinsamen IT-Plattform für alle Vertriebskanäle unterschätzt." 2014 beschlossen die ÖBB nach Kritik der Konzernrevision, das Projekt neu aufzusetzen. (APA, 7.12.2018)