In diesem Wohnhaus in Steyr-Münichholz geschah die Bluttat an dem jungen Mädchen. Der Täter flüchtete laut ersten Ermittlungsergebnissen durch ein Fenster.

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Linz – Es ist auf den ersten Blick ein unscheinbares Haus mit grauer Fassade. Ein klassischer Arbeiterwohnblock – durchaus typisch für den Steyrer Stadtteil Münichholz. Doch was sich in der Nacht von Sonntag auf Montag hinter der Fassade abgespielt haben muss, ist fernab jeglicher Normalität.

Michelle F. wohnte mit ihrer Mutter in der kleinen Wohnung. Die Mutter ist alleinerziehend, die 16-Jährige, die noch in die Schule ging, war das jüngste ihrer drei Kinder. Die beiden älteren sind schon ausgezogen.

"On-Off-Beziehung"

Wie so oft bekam das Mädchen auch am Sonntagabend Besuch von Saber A., die Liebe zwischen Michelle und ihrem 17-jährigen Freund war nicht von Beständigkeit geprägt. Der junge Afghane, laut Innenministerium in Österreich subsidiär schutzberechtigt, und die Oberösterreicherin waren seit Sommer 2017 ein Paar. Die Beziehung ging dann im Oktober auseinander, man blieb aber in Kontakt. Eine "On-Off-Beziehung" nennt es Andreas Pechatschek, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Steyr.

In der Nacht auf Montag gegen 23 Uhr versuchte Michelles Mutter, die Türe zum Kinderzimmer zu öffnen, was zunächst misslang, da diese von innen mit einem Kasten verstellt war. Dennoch gelang es der Frau, in das Zimmer zu gelangen. Dort offenbarte sich ihr eine grausige Szenerie. Michelle F. lag reglos auf dem Bett. Die geschockte Mutter entdeckte zwei Stichwunden am Rücken ihrer toten Tochter.

Für die Ermittler war damit klar, dass Fremdverschulden vorliegt. Es wurde eine Obduktion angeordnet. Deren Ergebnisse erwartet Pechatschek am Dienstag.

Offenes Fenster

Da das Fenster des Zimmers offen stand, gehen die Kriminalisten davon aus, dass Saber A., der zuletzt in einer Steyrer Asylunterkunft wohnhaft war, nach der Tat durch das Fenster geflüchtet ist. Nach dem nicht vorbestraften Jugendlichen wurde eine Großfahndung eingeleitet. Laut Polizei ist Saber A. 1,74 Meter groß, schlank, hat schwarzes Haar und braune Augen, und er hat Hautmale auf der linken Wange, rechts am Hals und rechts an der Oberlippe.

Das Motiv blieb vorerst unklar. Ebenso war damit vorerst nicht bekannt, ob der 17-Jährige möglicherweise im Affekt gehandelt hat – oder seine Exfreundin bereits mit einem tödlichen Vorsatz besuchte.

Hohes Ausmaß an Gewalt

Die Bluttat in Steyr ist übrigens der 33. Mord an einer Frau heuer in Österreich. Etwa alle 14 Tage wird eine Frau in Österreich von einem männlichen Familienmitglied oder Partner getötet, erläutert Maria Rösslhumer von den Autonomen Österreichischen Frauenhäusern (AÖF). "Ich bin schockiert und entsetzt über das hohe Ausmaß der Gewalt an Frauen und Mädchen", so die AÖF-Geschäftsführerin.

"Es ist schon gravierend, was sich jetzt abspielt", warnt die Expertin. Und fordert, die Täter verstärkt zur Verantwortung zu ziehen – auch schon im Vorfeld. "Viele Morde kündigen sich an", betont Rösslhumer.

Insgesamt spricht Rösslhumer von einer Zunahme solcher Taten in den vergangenen Jahren. 2017 war die Zahl bereits ähnlich hoch: Im gesamten Vorjahr wurden nach Angaben des Bundeskriminalamts 77 Frauen Opfer von Mord oder Mordversuch, 34 Frauen wurden getötet. (Markus Rohrhofer, 10.12.2018)