Zäh und unbeirrt hat die britische Premierministerin am zentralen Projekt ihrer knapp zweieinhalb Jahre währenden Amtszeit festgehalten: den vom Volk beschlossenen EU-Ausstieg im Einvernehmen mit Brüssel über die Bühne zu bekommen. Das Paket aus Austrittsvertrag und politischer Erklärung halten viele Partner auf dem Kontinent für ein weitgehendes Entgegenkommen. In London aber herrscht totale Uneinigkeit. Die Brexit-Ultras wollen Ende März ohne Deal von der Klippe springen, die EU-Freunde streben ein zweites Referendum an. Und die politische Mitte verharrt in parteipolitischen Schützengräben.

Immer klarer wurde in den vergangenen Tagen: Theresa May hat kaum noch Rückhalt. Die Verschiebung der Brexit-Abstimmung im Unterhaus stellt einen Verzweiflungsakt dar. Wenn sie vom EU-Gipfel diese Woche keine Zugeständnisse mitbringt, hat eine Neuansetzung des Votums kaum noch Sinn. Der mühsam ausgehandelte Kompromiss würde im Abfalleimer landen. May wäre am Ende.

Gewiss hat die Konservative viele Fehler gemacht. Sie hat das 52:48-Ergebnis als Votum für einen harten Brexit interpretiert, die knapp vier Millionen EU-Bürger auf der Insel vor den Kopf gestoßen, durch eine unnötige Neuwahl im Juni 2017 ihre Parlamentsmehrheit zerstört. Wahr ist aber auch: Zu dem Vertrag mit Brüssel gibt es keine echte Alternative. Den Briten ist der Pragmatismus abhandengekommen. Das wird das Land teuer zu stehen kommen. (Sebastian Borger, 10.12.2018)