Rainer Moritz, Jahrgang 1958, ist Buchautor, Kritiker, Leiter des Literaturhauses Hamburg, bekennender Fußballfan ("Es gibt keine unhaltbaren Bälle") und auch sonst ein Mann, der sich mit dem Abseits auskennt. Als er einst als Siebenjähriger in Heilbronn Frühstücksbrezeln beim nahe gelegenen Bäcker holte, sang Moritz lauthals und relativ unbedarft "Pigalle, Pigalle, das ist die größte Mausefalle mitten in Paris" des großen Bill Ramsey. Dafür bekam er dann eine Extra-Laugenbrezel in die Tüte.

Italien-Sehnsucht der 50er

Es war dies der Beginn einer Begeisterung für deutsches Liedgut und einer Passion, von der Moritz 2017 im Buch Schlager. 100 Seiten (Reclam) Bekenntnis ablegt. In dem schmalen Bändchen erkundet Rainer Moritz die Geheimnisse des deutschsprachigen Schlagers, erzählt vom ersten deutschen Nachkriegshit – Rudi Schurikes Capri Fischer ("Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt ...") –, um von diesem Monolithen der Schlagerkunst aus den Bogen bis zu Lolita, Howard "Howie" Carpendale und Peter Alexander zu schlagen. Moritz analysiert aber nicht nur die Italien- und Hawaii-Sehnsucht der Fünfzigerjahre, sondern befasst sich auch mit den erotischen Botschaften, die er zuhauf in den Songs gefunden haben will. Natürlich erklärt er auch, was es mit dem Phänomen Helene Fischer genau auf sich hat.

Rampensauqualitäten

Klingt vorweihnachtlich, belebend und lustig. Und das ist es auch. Rainer Moritz stellt sein Buch am Donnerstag, 19.30 Uhr, im Salzburger Literaturhaus vor. Als Begleiter dieser humorvoll-kritischen Reise in die Kulturgeschichte des Schlagers und in die Gefilde des falschen Gefühls fungiert der Wiener Autor, Lyriker ("aufarbeitung: nicht dass ich mich / erinnern / könnte / je etwas / verdrängt zu haben") und Musiker mit Rampensauqualitäten Gerhard Ruiss. Wer Moritz und vor allem Ruiss kennt, ahnt, dass an diesem Abend, der unter dem Motto "Weine nicht, wenn der Regen fällt" steht, Mitsinggefahr herrscht. (steg, 11.12.2018)