Die Polizisten versuchten zwischen den brennenden Flaschen, die die Demonstranten auf den Asphalt knallten, durchzulaufen. Freitagnacht kam es in Athen und Thessaloniki zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anarchisten und der Polizei. Das Stadtviertel Exarchia sah danach dementsprechend aus: abgebrannte Fahrräder, ausgebrannte Autos, Betonteile auf den Straßen und eingeschlagene Fensterscheiben.

Der Grund der Proteste: Der Mord an dem 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos jährte sich zum zehnten Mal. Der damals 15-Jährige war am 6. Dezember 2008 durch Polizeikugeln zu Tode gekommen – das führte zu schweren Ausschreitungen. Jährlich wird am Todestag protestiert.

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Vor zehn Jahren starb in Griechenland ein 15-Jähriger durch eine Polizeikugel. Zum Jahrestag gab es Proteste. Auch Armut dämpft den Weihnachtsfrieden.
Foto: AP Photo / Yorgos Karahalis

Eine Dekade später fielen die Proteste immer noch heftig, aber weniger extrem aus. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die Wirtschaftskrise einigermaßen überwunden ist und die Menschen das mittlerweile auch spüren.

"Neue Wirtschaft"

Zurzeit liegt das Wirtschaftswachstum bei zwei Prozent. Premier Alexis Tsipras sprach kürzlich davon, dass Griechenland eine "neue Wirtschaft" habe, die Verschuldung ginge weiter zurück, seine Regierung habe insgesamt 450 Reformmaßnahmen umgesetzt – darunter ein unabhängiges Steuersystem.

Die Steuern und Abgaben sind in den vergangenen Jahren tatsächlich immens angestiegen – um mehr als acht Prozentpunkte. Dadurch sind auch die staatlichen Steuereinnahmen um sieben Prozentpunkte auf fast 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen. Der Durchschnitt in den OECD-Ländern liegt bei 33 Prozent des BIPs, innerhalb der Eurozone gibt es nur in Portugal höhere Steuerabgaben. Die griechische Regierung plant aber nun, die Grundbesitzsteuer wieder zu reduzieren.

"Opfer tragen Früchte"

Wegen des Aufwärtstrends sagte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici kürzlich auch, dass weitere Pensionskürzungen nicht notwendig seien. "Die Opfer des griechischen Volkes tragen jetzt Früchte", erklärte Moscovici. Er glaube, dass Griechenland einen Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent des BIPs erreichen könne. Diese Woche soll über jene Gesetzesänderung im Parlament abgestimmt werden, die die Pensionskürzungen rückgängig machen wird. Auch der Chef des Europäischen Stabilitätsmechanismus, Klaus Regling, sieht den südosteuropäischen Staat auch auf dem richtigen Weg.

Die Arbeitslosenrate liegt zurzeit bei 18,6 Prozent – um zwei Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Trotzdem: Griechenland hat im EU-weiten Vergleich noch immer die höchste Zahl an Nichterwerbstätigen. Im EU-Durchschnitt liegt die Arbeitslosenrate bei acht Prozent. Wie bereits vergangenes Jahr können nun vor Weihnachten sozial bedürftige Griechen online um eine Sozialdividende ansuchen. Zwischen 350 und 1350 Euro werden ausgezahlt. Insgesamt hat die Regierung 1,3 Milliarden Euro für die Hilfsaktion zur Verfügung gestellt. Die Allerärmsten – vor allem Arbeitslose – sollen damit leichter über den Winter kommen.

Geburtenrückgang

Ein Drittel der Griechen lebt jedoch weiterhin an der Armutsgrenze. Das wirkte sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen aus. So wurden kürzlich die Zahlen zum Geburtenrückgang seit der Finanzkrise veröffentlicht. Laut dem Bulletin der Griechischen Business-Vereinigung kamen zwischen 2009 und 2017 um fast 30.000 Babys weniger zur Welt als im Vergleichszeitraum davor. Eine ähnliche Entwicklung gab es in Griechenland zuletzt in den 1940er-Jahren. (Adelheid Wölfl, 12.12.2018)