Karlsruhe – Wie gefährlich Feinstaub für die Gesundheit ist, hat erst vor wenigen Wochen eine internationale Studie mit österreichischer Beteiligung untermauert: 2015 starben demnach weltweit annähernd neun Millionen Menschen an den Folgen des winzigen Luftverunreiniger – das ist knapp ein Drittel mehr als bisher angenommen. In urbanen Gebieten gilt der Straßenverkehr als Hauptursache für die winzigen Teilchen in der Atmosphäre. Außerhalb von Städten dagegen ist die wichtigste Quelle eine andere, wie nun deutsche Wissenschafter herausgefunden haben.

Die Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) stellten in einer Langzeitmesskampagne fest, dass moderne Kohlekraftwerke in ländlichen Gebieten für den Hauptteil der ultrafeinen Partikel (UFP) verantwortlich sind und damit auch besonders auf das regionale Klima einwirken. Obwohl derartige Partikel einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometern haben, nehmen sie gewaltigen Einfluss auf Umweltprozesse: "Sie bieten Oberflächen für chemische Reaktionen in der Atmosphäre oder können als Kondensationskerne die Eigenschaften von Wolken und Niederschlag beeinflussen", sagt Wolfgang Junkermann vom KIT.

15 Jahren Messflüge rund um den Globus

Um Vorkommen und Verteilung von UFP zu untersuchen, hat der Umweltphysiker gemeinsam mit australischen Kollegen in den vergangenen 15 Jahren Messflüge rund um den Globus durchgeführt. Dabei betrachteten sie auch die Atmosphäre außerhalb städtischer Brennpunkte, insbesondere in Gegenden mit auffälligen Niederschlagstrends: In der freien Natur erzeugen etwa Waldbrände, Staubstürme oder Vulkanausbrüche feine Partikel, meist jedoch nicht im Nanometerbereich. Die Klimaforscher stellten im Fachjournal "Bulletin of the American Meteorological Society" fest, dass deren Konzentration auch in vielen abgelegenen Gebieten stetig ansteigt, die neuen, zusätzlichen Partikel jedoch keinen natürlichen Ursprung haben.

Geraten diese Partikel als Kondensationskerne in Wolken, werden zunächst die einzelnen Wolkentröpfchen kleiner und es dauert länger, bis sich Regentropfen bilden können. Dadurch wird die räumliche und zeitliche Verteilung sowie die Intensität von Niederschlägen beeinflusst. "Die Folge ist nicht unbedingt, dass es weniger regnet, die Partikel können auch extreme Regenereignisse verstärken. Wo das passiert ist wieder vom Wind abhängig", so Junkermann.

Weltweit stärkste Einzelquelle

Für die Messflüge nutzten die Klimaforscher das am KIT entwickelte weltweit kleinste bemannte Forschungsflugzeug. Das fliegende Labor ist mit hochsensiblen Instrumenten und Sensoren ausgestattet, die Staubpartikel, Spurengase, Temperatur, Feuchte, Wind und Energiebilanzen messen. Diese Daten glichen Junkermann und Kollegen mit meteorologischen Beobachtungen sowie Ausbreitungs- und Transportmodellen ab: "So konnten wir zeigen, dass fossile Kraftwerke inzwischen zu den weltweit stärksten Einzelquellen für ultrafeine Partikel geworden sind. Sie beeinflussen meteorologische Prozesse massiv und können zu extremen Wetterereignissen führen." (red, 12.12.2018)