Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1984. Seit damals hat es bei den Weltraumanzügen der Nasa keine grundlegenden Neuerungen mehr gegeben.
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Washington/Moskau – Weltraumtechnologie klingt nach Zukunft, doch tatsächlich steckt auch jede Menge Vergangenheit darin. Die Space-Shuttles der Nasa flogen mit Bordcomputern, die am Ende der Shuttle-Ära nur noch als hoffnungslos veraltet und entsprechend leistungsschwach gelten konnten. Das russische Sojus-Programm basiert auf einer Technologie, die noch aus Sowjet-Zeiten stammt und immer wieder durch kleinere Adaptionen zu modernisieren versucht wurde.

Und die Raumanzüge, die von der Crew der Internationalen Weltraumstation bei Außeneinsätzen getragen werden müssen, sind auch nicht gerade der letzte Schrei: "Die Raumanzüge, die die Astronauten derzeit auf der ISS benutzen, wurden vor mehr als 40 Jahren entwickelt und haben ihre eigentlich auf 15 Jahre angelegte Design-Lebensdauer weit überschritten", urteilte kürzlich ein Experten-Team der US-Raumfahrtbehörde Nasa.

"Das Leben der Astronauten hängt von Raumanzügen ab, die es ihnen ermöglichen, sicher in extremen Umgebungen zu arbeiten", heißt es in dem Untersuchungsbericht des Nasa-Generalinspektors. Je älter die derzeitigen Raumanzüge werden, desto größer seien auch die Risiken.

Das Drama um Parmitano

Das zeigte in dramatischer Weise der Fall des italienischen Astronauten Luca Parmitano vor fünf Jahren. Er trug – wie alle europäischen Astronauten bislang – bei einem Außeneinsatz einen US-amerikanischen Anzug, und der wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden: Erst funktionierte ein Kohlendioxid-Sensor seines Raumanzugs nicht mehr, dann spürte er Wasser am Hinterkopf. Schließlich lief Wasser über sein Gesicht.

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Luca Parmitano hatte erhebliche Probleme mit seinem Raumanzug. 2019 wird er dennoch wieder zur ISS reisen.
Foto: AP Photo/Pat Sullivan

Parmitano kam mit dem Schrecken davon, dennoch musste der Einsatz abgebrochen werden und die Raumanzüge wurden anschließend minuziös inspiziert. Als wahrscheinliche Ursache wurde eine verstopfte Pumpe ausfindig gemacht. Der Unfall offenbarte den kritischen Zustand der US-Raumanzüge.

Der Status quo

Jeder Raumanzug wiegt inklusive Handschuhe und Helm auf der Erde 127 Kilogramm – was in der Schwerelosigkeit des Alls keine Rolle spielt. Die Anzüge schützen die Astronauten gegen die extremen Temperaturen zwischen minus 160 und plus 120 Grad und sind weiß, um das Sonnenlicht zu reflektieren. Gleichzeitig müssen die Anzüge, die aus mehr als einem Dutzend Schichten besteht, die Raumfahrer vor Strahlung schützen.

Das Anlegen der Anzüge nach einem genauen letzten Check dauert etwa eine Dreiviertelstunde und ist ohne Hilfe durch Kollegen nicht zu schaffen. Derzeit gebe es vier Raumanzüge an Bord der ISS, sagte Nasa-Sprecher Kyle Herring. "Von der Größe her können sie an jeden Astronauten angepasst werden. Sie stammen aus der Ära der Space-Shuttles und werden nach jedem Außeneinsatz gereinigt, getestet und wiederverwendet."

Neue Generation

Die NASA entwickelt derzeit zwar neue Anzüge – bis sie testbereit seien, könne es aber noch einige Jahre dauern. Russland ist da schon einen Schritt weiter und hat mit dem "Orlan-ISS"-Anzug ein neues Modell mit automatischem Kühlsystem produziert. Ein Warnsignal zeigt an, wenn Flüssigkeiten austreten. Neue Materialien sollen den Raumanzug länger haltbar machen, verspricht die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos.

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Kosmonauten in ihren Orlan-Anzügen.
Foto: AP/NASA

Beim jüngsten Außeneinsatz an der ISS schwebten Oleg Kononenko und Sergej Prokopjew mit den neuen Anzügen im All – vor ihnen hatten sie schon andere Kosmonauten getragen, als sie aus der ISS ausstiegen. Bei Raumfahrertrainings in der sogenannten Sternenstadt nahe Moskau können auch US-Astronauten bereits das neue Modell ausprobieren. Im kommenden Jahr soll ein weiterer Orlan ISS zur Raumstation geliefert werden. (red, APA, 13.12.2018)