Ende des Vormonats sorgte in Ungarn die Eingliederung fast aller im Privatbesitz befindlicher regierungsfreundlicher Medien in eine von Regierungsleuten kontrollierte Stiftung für Aufsehen. TV- und Radiosender, Internetportale, Boulevard- und Gratisblätter sowie alle Lokalzeitungen werden nun zentral gemanagt. Gábor Liszkay, der operative Leiter der Stiftung, gilt als loyaler Gefolgsmann von Ministerpräsident Viktor Orbán.

Schon bisher betrieben die in die Stiftung eingebrachten Medien meist zentral vorgefertigte Regierungspropaganda. Doch mit der Bündelung in der Hand eines Orbán-Getreuen entsteht eine noch massivere wirtschaftliche Konzentration. Auf die Medien, die zur Stiftung gehören, entfallen 37 Prozent aller Werbe- und Anzeigeneinnahmen.

Verbleibende unabhängige Medien

Trotz allem gibt es in Ungarn noch Medien, die unabhängig sind und die Regierung kritisieren. Der Fernsehsender RTL Klub gehört zur deutschen RTL-Gruppe. In seinen Nachrichtensendungen kann er kritisch berichten – allerdings dominieren wegen des kommerziellen Charakters des Senders stark die Boulevardnachrichten. Der private Sender ATV (keine Gemeinsamkeiten mit dem gleichnamigen österreichischen Sender) war lange Zeit regierungskritisch, fährt aber heute eine weichere Linie. Er gehört einer evangelikalen Sekte, deren Führer sich in den letzten Jahren mit Orbán arrangiert hat.

Schlimm sieht es bei den Radios aus. Die von Orbán-Loyalisten geführte Medienregulierungsbehörde NMHH vergibt an oppositionelle Radiobetreiber schlicht keine Lizenzen. Das an sich populäre Klubrádió darf nur in Budapest senden. In der Provinz dominiert der staatliche Rundfunk. Die Intensität seiner Propaganda erinnert an die kommunistischen Zeiten.

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Und Print? 2016 erreichte die Regierung über Machinationen, bei denen der österreichische Investor Heinrich Pecina eine unrühmliche Schlüsselrolle spielte, die Schließung der Népszabadság, der damals wichtigsten und qualitätvollsten Oppositionszeitung. Als einzige, nicht von der Regierung kontrollierte Tageszeitung verblieb die sozialdemokratische Népszava. Online existieren mit index.hu, 444.hu, 24.hu und dem Portal der Wochenzeitung HVG seriöse, kritische Nachrichtenquellen.

Zugleich ist aber der Eigentümerhintergrund vieler unabhängiger Medien prekär. Der Träger von index.hu wurde zuletzt einer Unternehmensgruppe zugespielt, die Leute aus der Regierungspartei Fidesz kontrollieren.

Dubiose Geschäfte

Eine von Vorbesitzern eingezogene Stiftung sorgt allerdings dafür, dass ein Feuerwall zwischen Redaktion und Eigentümern und ihren potenziellen Begehrlichkeiten steht – die Frage ist, wie lange noch. Népszava gehört wiederum dem dubiosen Parteikassier der oppositionellen Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP), László Puch. Als dieser das Blatt 2016 erwarb, soll er mit Orbán persönlich "Rahmenbedingungen" ausgedealt haben. Unter anderen gilt als "Auflage", die Orbán-Familie in Ruhe zu lassen – eine starke Einschränkung, da etwa Orbáns Schwiegersohn István Tiborcz im Fokus von Ermittlungen der EU-Korruptionsbekämpfungsbehörde Olaf steht. Népszava bekommt reichlich Regierungsanzeigen.

Der Budapester Medienwissenschafter Gábor Polyák spricht von einer "gelenkten Öffentlichkeit". Orbán passe die Mediengesetzgebung an ihre Bedürfnisse an, verzerre den Anzeigenmarkt zu ihren Gunsten, steuere die Ressourcen nach Gutdünken, sagt Polyák: "Damit kann sie sich langfristig den Einfluss über die reichweitenstärksten Kanäle sichern." (Gregor Mayer aus Budapest, 13.12.2018)