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Eine Katze erfreut sich am Duft von Nepeta cataria. Die Pflanze wirkt auf viele Klein- wie Großkatzen äußerst betörend.

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"Wenn man sie pflanzt, wird sie von Katzen umtanzt", schrieb der englische Botaniker Thomas Green Anfang des 19. Jahrhunderts in seinem monumentalen Nachschlagewerk "The Universal Herbal". Der betörende Effekt, auf den Green anspielte, ist so stark, dass er der Pflanze aus der Familie der Lippenblütler zu ihrem Namen verhalf: Katzenminze (Nepeta cataria).

Das eher unscheinbare Gewächs versetzt viele Stubentiger ebenso wie Großkatzen in Ekstase, der Duft des Krauts zieht die Tiere magisch an. Erwischen Katzen "ihre" Minze, schnüffeln sie an den Blüten und Blättern, kauen darauf herum und wälzen sich euphorisch darin. Dem minutenlangen High folgt nicht selten grantige Ernüchterung. Wie genau sich diese erstaunliche Wirkung der Pflanze entfaltet, ist nach wie vor rätselhaft.

Überraschender Prozess

Klar ist, dass sie von der chemischen Verbindung Nepetalacton ausgeht – und je genauer dieser Naturstoff aus der Gruppe der Terpene erforscht wird, desto bemerkenswerter erscheint er. Wie ein Team um Sarah O'Connor und Benjamin Lichman vom John Innes Centre in Norwich nun in "Nature Chemical Biology" berichtet, unterscheidet sich der Entstehungsprozess von Nepetalacton maßgeblich von dem verwandter Moleküle, von denen einige aussichtsreich für die Behandlung von Krebs sind.

Zumeist entstehen solche Terpene in Pflanzen durch die Wirkung eines einzelnen Enzyms. Bei Nepetalacton sind aber zwei unterschiedliche Enzyme involviert, von denen eines bisher unbekannt war, und die Bildung erfolgt in getrennten Schritten. "Das ist ein ungewöhnlicher und einzigartiger chemischer Prozess, der für die Herstellung neuer medizinischer Wirkstoffe sehr interessant sein könnte", sagt Lichman. Auch bereits genutzte Arzneistoffe könnten sich nach dem Vorbild der Katzenminze effektiver und günstiger synthetisieren lassen, hofft der Forscher.

Insekten verschrecken

Nepetalacton selbst hat ebenfalls Nutzungspotenzial. Das hat freilich weniger mit der Wirkung auf Katzen zu tun als mit jener auf Schädlinge, wie Gärtner schon seit langem wissen: In der Pflanze dient der Stoff der Abwehr von Schadinsekten, Pilzen und Bakterien. "Wir vermuten, dass die Katzenminze durch die Herstellung dieser flüchtigen Verbindung Parasiten verwirrt und dadurch abschreckt", so Lichman.

Was aber ist mit den Katzen? Die naheliegende Annahme, dass Nepetalacton wie ein Sexualpheromon der Tiere wirkt und sie deshalb in sexuelle Ekstase versetzt, wurde schon vor Jahren revidiert: Experimente zeigten, dass das vomeronasale Organ der Katzen, das für die Pheromonwahrnehmung zuständig ist, nicht in den Vorgang involviert ist. Stattdessen spricht einiges dafür, dass Nepetalacton auf das opioidergische System der Tiere wirkt und dadurch einen Rauschzustand auslöst. Den Katzen scheint es jedenfalls zu gefallen. (David Rennert, 12.12.2018)