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Ganz schön viel los, diese Erfahrung machen Städtereisende immer öfter. Doch wirklich genervt sind meistens die Einheimischen.

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Hallstatt, ein Postkartenidyll. Was auf keiner Postkarte und in keinem Idyll gezeigt wird: die vielen Touristen.

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In der Öffentlichkeit ganz ungeniert zu pinkeln oder nächstens lautstark grölend durch Gassen und Straßen zu ziehen ist nirgendwo wohlgelitten. Doch in Amsterdam hat man jetzt so richtig die Nase voll von all den Grachtenpinklern und Sauftouristen. Die Stadt hat ein ganzes Bündel an neuen Regeln eingeführt, um den Touristenströmen Einhalt zu gebieten. Man verbietet neue Hotels und Souvenirläden und limitiert Privatvermietung, auch saftige Strafen für öffentliche Trunkenheit gehören dazu.

Amsterdam ist eines der bekannteren Beispiele, die seit dem Frühjahr sehr oft mit einem neuen Modewort in einem Atemzug genannt werden: Overtourism. Zu viele Touristen, die zunehmend dafür sorgen, dass sich die Einheimischen nicht mehr daheim fühlen. Während Tourismusverantwortliche oft mit Arbeitsplätzen und sprudelnden Einnahmen argumentieren, führen andere etwa die zunehmend via Airbnb und Co vermieteten Wohnungen ins Treffen, die die vielfach ohnehin prekäre Wohnsituation weiter verschärfen, und klagen über Verkehrsprobleme.

Wachsender Unmut

Salzburg, Dürnstein, Wien, auch hierzulande gibt es Beispiele für wachsenden Unmut. Klagen über Touristen, die in den Städten entlang der Donau Kreuzfahrtschiffe verlassen oder für einen Kurztrip im Bus anreisen, um für ein paar Stunden auszuschwärmen. Im besseren Fall geben sie vor Ort auch Geld aus, im weniger guten benützen sie die Toiletten – falls sie auffindbar sind – und fallen in Gärten der Einheimischen ein. Während Amsterdam Nägel mit Köpfen macht, werden hierzulande noch Lösungen gesucht und teilweise auch gefunden. Durch Verkehrskonzepte, Einfahrtsbeschränkungen- und Gebühren.

Doch wann ist eine Stadt tatsächlich überfüllt? Vladimir Preveden beschäftigt sich schon länger mit dieser Frage, denn auch eine Stadt habe eine beschränkte Kapazität, so der Experte des Beratungsunternehmens Roland Berger. Als Kennzahlen nimmt Preveden die Tourismusdichte, also Nächtigungen je Einwohner, und den Umsatz pro verfügbares Zimmer.

Unter dem Blickwinkel haben viele Citys zu viele Gäste ohne die dazugehörige Wertschöpfung, wie eine neue Studie der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) zeigt, deren Coautor Preveden ist. Salzburg etwa zählt demnach neben Prag zu den Städten in der roten Zone. Amsterdam gehört neben Kopenhagen, Dublin und Barcelona zu den urbanen Zentren, die unter Druck stünden. Paris hätte es hingegen geschafft, beides zu vereinen, sagt Preveden: viele Gäste mit hoher Wertschöpfung.

Keine einfachen Rezepte

Wien siedelt Preveden in dieser Betrachtung in einer Kerngruppe an: Der Tourismus sei im Vergleich zur Größe gesund. München, Berlin und London zählen in diesem Reigen dazu. Von Überlegungen, wo man hinwolle und wie man dies zu erreichen gedenke, entbinde dieser Zustand auch solche Städte nicht, darin sind sich sowohl Preveden als auch ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer einig. Denn wer nicht reagiere, werde schneller als gedacht vom eigenen Erfolg überrollt. Einfache Rezepte hat niemand parat. "Auch Salzburg hat schon einiges unternommen", sagt etwa Gratzer.

Dass Wien laut dieser Studie verhältnismäßig gut aufgestellt ist, schreibt Tourismusdirektor Norbert Kettner auch dem Zusammenspiel der Kräfte zu. Tourismusbeauftragte, Stadtplanung Wirtschaftskammer würden hier an einem Strang ziehen, so Kettner. Was er auch sagt: Massentourismus kann man nicht aussperren. "Wir vermarkten Wien seit Jahren als Premiumdestination und kooperieren nicht mit den Treibern von Massentourismus wie etwa Reedereien." Kommen würden Schiffe und Busse trotzdem. Dass der erste Bezirk unter besonderem Druck steht, schreibt Kettner nicht in erster Linie den Gästen zu. "200.000 Menschen pendeln nach Wien, die Hälfte arbeitet im ersten Bezirk." Immerhin werde ein Drittel der gesamtösterreichischen Umsatzsteuer in Wien erwirtschaftet.

Dennoch werde an Schräubchen gedreht. Für Wien habe man gemeinsam mit der Kammer ein neues Buskonzept erstellt, das eine saftige Erhöhung der Einfahrtsgebühren beinhaltet. Extremmaßnahmen wie Zutrittsbeschränkungen halten weder Gratzer noch Kettner für nötig. Doch eines sei gewiss, möglich seien sie im Ernstfall allemal. Für die aktuelle Bruegel-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum werden etwa die Ticketkontingente begrenzt. Das könne man auch mit Städten machen. (13.12.2018, Regina Bruckner)

Anmerkung: Die ursprüngliche Aussage, dass ein Drittel der gesamtösterreichischen Umsatzsteuer in der Wiener City erwirtschaftet wird, wurde korrigiert. Sie wird in Wien erwirtschaftet.