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Waagner-Biro führt die Liste der größten Pleiten an. Vor allem die Stahlkonstruktion beim Louvre in Abu Dhabi riss ein Loch in die Bilanz.

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Sie hat 164 Jahre auf dem Buckel und eine bunte Geschichte. Ende Oktober schlitterte Waagner-Biro mit damals 1.500 Mitarbeitern in die Pleite, lediglich der Bühnenbau konnte der Insolvenz durch den Verkauf an die Grosso-Holding des Sanierers Erhard Grossnig entzogen werden. Sechs Wochen nach Beginn des Absturzes zeigt sich nun die ganze Dimension der Pleite. Laut dem Gläubigerschützerverband KSV legte die Waagner-Biro-Gruppe die größte Insolvenz des Jahres hin. Mit 199,3 Millionen Euro Passiva überholte der Brücken-, Stahl- und Bühnenbauer noch die Niki Luftfahrt, die das Ranking bis vor kurzem angeführt hatte.

Dass Waagner-Biro auf eine derartige Größenordnung an Verbindlichkeiten, Haftungen und anderen Außenständen kommt, kommt einigermaßen überraschend. Doch die Stahlbautochter SBE Alpha brachte es auf Passiva von 99,4 Millionen, der Brückenbau auf 75 Millionen und die Holding auf 27,5 Millionen Euro Passiva. Dabei wurden konzerninterne Forderungen bereits bereinigt, Haftungen mit dem halben Wert angesetzt, heißt es beim KSV.

Loch in der Bilanz

Waagner-Biro war wegen zweier Großprojekte in die Bredouille geraten. Vor allem die Stahlkonstruktion beim Louvre in Abu Dhabi, für die der Konzern den European Steel Building Award erhalten hatte, hat ein Loch in die Bilanz gerissen, weil die Zahlungen zurückbehalten wurden. Auch die Errichtung der neuen Gazprom-Zentrale in St. Petersburg brachte Verluste.

Hinter Waagner-Biro verursachte die Niki-Pleite – eine Folge der Air-Berlin-Insolvenz – die höchsten offenen Forderungen. An dritter Stelle rangiert mit MFC ein Unternehmen, das für German Pellets Handelsfinanzierungen und andere Dienstleistungen erbrachte. Der Immobilienentwickler Wienwert kommt auf 71 Millionen Euro Passiva, dahinter rangiert mit Hitzinger ein oberösterreichischer Anlagenbauer.

Bei den Firmen wurden heuer 2979 Insolvenzverfahren eröffnet, das ist ein Minus von 1,5 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Mangels Vermögens nicht eröffnet wurden 2003 Verfahren (minus 2,5 Prozent), gab der KSV am Mittwoch bekannt. Die Zahl der betroffenen Dienstnehmer hat sich um 14 Prozent auf 18.600 erhöht. Die Passiva sind aufgrund der genannten Großinsolvenzen um 12,5 Prozent auf insgesamt 2,1 Milliarden Euro angewachsen. "Man kann an den Passiva und den Dienstnehmern erkennen, dass der leichte Rückgang bei der Anzahl der insolventen Unternehmen durch die gestiegenen Passiva und Dienstnehmer deutlich relativiert wird", sagt Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner vom KSV.

Rekord bei Privatkonkursen

Bei den Privatkonkursen wurde heuer erstmals die 10.000er-Marke geknackt. Die Schulden der privaten Pleitiers belaufen sich auf 1,9 Milliarden Euro. Auch das ist ein Rekord, denn der bisher höchste Schuldenberg war 2015 "lediglich" 1,27 Milliarden Euro hoch. Diese Entwicklung wird nach Einschätzung Kantners "keineswegs so weitergehen". Schon im November habe sich gezeigt, dass die Zahl der Eröffnungen unter 2017 zu liegen kam. Das im November 2017 in Kraft getretene Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG 2017) ermöglicht Privatpersonen eine schnellere und leichtere Entschuldung, da die verpflichtende Mindestquote von zehn Prozent sowie die Entschuldungsdauer von sieben Jahren gekippt wurden. (red, 13.12.2018)