Julia Mancuso, seit fast einem Jahr Ex-Skirennläuferin, macht sich Gedanken über den Ski-Weltcup.

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Im Jänner lieferte die US-Amerikanerin noch ihre Abschiedsfahrt im Super-Woman Kostüm in Cortina.

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Wien/Gröden – Mit Kritik am Skiweltcup hält sich Julia Mancuso nicht zurück. "Die Abfahrtspisten bei den Damen sind zu kurvenreich, es fehlt der Speed", sagt die Ex-Rennläuferin zum STANDARD. Die Strecken seien für das hintere Teilnehmerfeld und zu Lasten der Attraktivität sicherer gemacht worden. Bereits im Vorjahr hatte die 34-Jährige US-Amerikanerin ihren Unmut über die in Mode gekommenen Parallel-Slalom-Events geäußert: Die Kurssetzung sei zu gerade, man könne gar nicht mehr von Slalom reden.

DER STANDARD traf die Riesentorlauf-Olympiasiegerin 2006 in Wien, beim Filmfestival "Shades of Winter" wurden Freeride-Produktionen präsentiert. Jenseits von Torstangen und Zeitmessung, den Weltcup hat Mancuso hinter sich gelassen. Von Wehmut keine Rede, ein schmerzfreies Leben ist nur dank künstlicher Hüfte möglich. Dass sie jahrelang im Schatten ihrer Landsfrau Lindsey Vonn fuhr, ist längst verkraftet. "Es ist hart, mit einer Rennläuferin verglichen zu werden, die so dominant war. Sie war nicht nur ein bisschen besser als ich. Das habe ich akzeptiert und immer versucht, die Freude am Sport zu bewahren."

Mangelnde Konkurrenz

Die Rennen verfolgt Mancuso aus der Ferne, die Dominanz ihrer Landsfrau Mikaela Shiffrin sei eine große Leistung, aber auch Ergebnis mangelnder Konkurrenz. "Als ich in den Weltcup kam, war das anders. Tina Maze, Maria Höfl-Riesch, Renate Götschl, Michaela Dorfmeister – es gab viele gute Läuferinnen." Die Größe des Starterfeldes sieht Mancuso problematisch, eine Elite-Serie als mögliche Lösung. "Beim Surfen bekommen auf der World Tour nur die besten 32 einen Startplatz. Im Skiweltcup sind es oft 60 oder mehr, "es dürfen einfach zu viele durchschnittliche Läuferinnen an den Start".

Die große Bühne des Skisports betrat Julia Mancuso, aufgewachsen im kalifornischen Skiort Squaw Valley, als Schülerin. Mit 15 Jahren debütierte sie im Weltcup, nach 399 Rennen war im Jänner Schluss. Ihre letzt Fahrt absolvierte Mancuso standesgemäß als Wonder Woman im Superheldenkostüm. Neun Medaillen konnte die US-Amerikanerin bei Großereignissen gewinnen, sieben Erfolge im Weltcup gab es zum Drüberstreuen. Zeitweise tingelte sie im Wohnmobil von Rennen zu Rennen, mal posierte sie nackt, mal in Skischuhen. Auch eine Liaison zur norwegischen Ski-Ikone Aksel Lund Svindal brachte Mancuso in die Schlagzeilen.

"Ich bin kein Kind von Traurigkeit", sagt Mancuso über sich selbst, "das Extrovertierte wurde mir genetisch vererbt". Ihr Urgroßvater war ein Alkohol-Kurier von Al Capone, der Vater saß wegen Drogenschmuggels fünf Jahre im Gefängnis. Mit ihm hat sie sich ausgesöhnt. Nebenher entwarf sie ihre eigene Unterwäschekollektion, stieg mit der britischen Skirennfahrerin Chemmy Alcott für eine Benefizaktion auf den Kilimandscharo und verbringt viel Zeit in der Südsee, wo ihr Mann Dylan Fish auf Fidschi ein Hotel betreibt.

Erstmals auf der Saslong

Der Skizirkus macht dieser Tage in Gröden Halt und er wartet mit einer Premiere auf. Nach der Absage von Val d'Isère geht erstmals eine Damen-Abfahrt auf der berüchtigten Saslong über die Bühne. Eine Strecke die bis dato den Herren vorbehalten war. "Eine gute Entscheidung der FIS, ich bin gespannt", sagt Mancuso.

Die Saslong gilt als eine der anspruchsvollsten Strecken im Herren-Kalender. Um die Sicherheit der Sportlerinnen nicht zu gefährden, werden die Rennen auf einer verkürzten und entschärften Piste ausgetragen, Abfahrt (Dienstag, 12.30 Uhr) und Super-G (Mittwoch, (11 Uhr) werden von der Sochers-Mauer gestartet. Die weiten Sprünge – also auch die berühmten Kamelbuckel – sollen angepasst oder umfahren werden.

Vor der Damen-Premiere fanden bereits mit dem Super-G und der Abfahrt zwei Rennen der Herren statt. Vorläufer deluxe sozusagen. (Florian Vetter, 17.12.2018)