Vom Sternenwinde verweht: Der Planet GJ 3470b verliert laufend an Masse.
Illustration: NASA, ESA und D. Player (STScI)

Genf – Die Entdeckung tausender Exoplaneten hat uns gelehrt, dass ein Sternsystem auch ganz anders aufgebaut sein kann als unseres: Nicht immer müssen ganz innen kleine Gesteinsplaneten liegen, weiter draußen Gasriesen und am Rand schließlich mittelgroße Eisriesen.

Planeten können auch in deutlich engeren Orbits um ihren Stern kreisen als unser Merkur. Anscheinend tun sich manche damit aber schwerer als andere und sind entsprechend seltener zu finden. Große "Heiße Jupiter" und kleine "Heiße Supererden" kennt man schon, berichtet die Universität Genf. Es mangelte bislang aber am Mittelbau – Planeten ungefähr in der Größe des Neptun mit engen Orbits um ihre Sterne.

Forscher um Vincent Bourrier sind nun einer möglichen Erklärung für den Mangel an "Heißen Neptunen" auf der Spur. Im Fachblatt "Astronomy & Astrophyics" berichten sie von einem nach kosmischen Maßstäben rasant schrumpfenden Planeten, dessen Schicksal Aufschluss darüber geben könnte, wo all die "Heißen Neptune" geblieben sind, die sich rein rechnerisch entwickelt haben sollten.

Drei Welten, ein Schicksal

Der Planet namens GJ 3470b ist 97 Lichtjahre von der Erde entfernt und wird von den Forschern vorsichtig als "warmer Neptun" bezeichnet, weil er ein bisschen weiter weg von seinem Zentralstern entfernt ist als ein "heißer". Sein Orbit ist aber offenbar immer noch eng genug, dass er durch die Strahlung seines Sterns rasant Wasserstoff aus seiner Atmosphäre verliert.

Und er ist nicht der erste seiner Art: Schon zuvor hatten die Genfer Forscher ein ähnliches Exemplar mit der Bezeichnung GJ 436b entdeckt, das ebenfalls Wasserstoff verliert. Dazu kam vor kurzem der Exoplanet HAT-P-11b, ein weiterer "warmer Neptun", der durch die Einwirkung seines Zentralgestirns laufend Helium einbüßt.

Planetenevolution zum Zuschauen

GJ 3470b kreist in etwa einem Zehntel der Distanz des Merkur zur Sonne um seinen Stern. Allerdings ist dieser Stern deutlich jünger und aktiver als unsere Sonne – und übt dadurch starken Einfluss auf den Planeten aus. Das führt dazu, dass der Wasserstoff des Planeten in beträchtlichem Tempo davongetragen wird: Die Forscher schätzen, dass der Planet seit seiner Entstehung bereits mehr als ein Drittel seiner Masse verloren hat. "Das ist das erste Mal, dass ein Planet beobachtet wurde, der seine Atmosphäre so schnell verliert, dass dies seine Evolution beeinflussen kann", sagt Bourrier.

Die Entdeckung der verdampfenden "warmen Neptune" stützt die Theorie, dass die "Heißen Neptune" – also jene, die noch näher an ihren Sternen sind – entweder schrumpfen oder sogar komplett erodieren, bis nur noch ihre Planetenkerne aus Gestein übrig bleiben. "Das könnte erklären, warum eine Vielzahl an Supererden entdeckt wurde", sagte Studienautor David Ehrenreich. Viele davon könnten nicht auf die gleiche Weise wie andere Gesteinsplaneten entstanden sein, sondern bloß die Überreste von etwas darstellen, das ursprünglich in eine andere Kategorie fiel. (red, APA, 14. 12. 2018)