St. Pölten – Ende des 1. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung entstand dort, wo sich heute St. Pölten befindet, die römische Siedlung Aelium Cetium. Sie hatte für etwa 350 Jahre Bestand, ehe sie aufgegeben wurde. Und ihre Bedeutung hat man bisher möglicherweise unterschätzt: Diese Schluss zieht der aktuelle Bürgermeister St. Pöltens Matthias Stadler (SPÖ) aus der nun vorgelegten Bilanz der archäologischen Ausgrabungen am Domplatz der Stadt.

Insgesamt konnten 2018 die Überreste von etwa 3.600 Menschen freigelegt und dokumentiert werden. Zudem kamen 870 Kleinfunde sowie 445 Münzen zum Vorschein, teilte Stadtarchäologe Ronald Risy mit. Die meisten Funde stammen zwar aus viel späterer Zeit – vom Frühmittelalter bis ins 18. Jahrhundert –, doch gilt den römischen Funden besonderes Interesse.

Schon damals "Landeshauptstadt"

Die entdeckten römerzeitlichen Gebäudereste seien Teil einer großen Anlage von mindestens 5.100 Quadratmetern, berichtete Risy. Diese umfasste ein Privatbad, einen großen Saal mit Apsis sowie einen Komplex mit Gängen, Höfen und ungewöhnlich vielen beheizten Räumlichkeiten. Die Größe sowie die Datierung in das vierte Jahrhundert "lassen nur den Schluss zu, dass hier der Sitz des zivilen Statthalters der Provinz Noricum ripense vor uns liegt, der bisher in Ovilava (Wels) oder in Lauriacum (Enns) lokalisiert wurde", so Risy.

"Die archäologischen Grabungen am Domplatz zeigen, dass St. Pölten als Aelium Cetium in der Römerzeit eine weit größere Bedeutung gehabt haben muss als bisher angenommen. Das ist für die Geschichtsschreibung und die Identitätsfindung der Stadt eine wichtige Erkenntnis", ergänzt Bürgermeister Stadler. (APA, red, 14. 12. 2018)