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Ein Bild, das bald der Vergangenheit angehören könnte: Die Regierung will nichtabbaubare Plastiksackerln ab Jänner 2020 verbieten.

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Ein Sackerl für den Festtagsbraten, eines für das Gemüse vom Markt und eine Tragetasche für Geschenke. Gerade in der Weihnachtszeit haben Plastiksackerln Hochkonjunktur. Doch auch über das Jahr verteilt sieht die Bilanz nicht rosiger aus: Zwischen 5000 und 7000 Tonnen Kunststofftragetaschen fallen in Österreich pro Jahr an. Viele davon landen in der Umwelt.

Ein von der Regierung geplantes Verbot von Plastiktragetaschen ab Jänner 2020 soll den Müllberg künftig reduzieren. Von der Regelung ausgenommen sind Tragetaschen, die biologisch vollständig abbaubar sind und aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Zusätzlich soll die Beimengung von Mikroplastik in Kosmetikprodukten verboten und die Plastikverpackungsmenge bis 2025 im Vergleich zu 2016 um bis zu ein Viertel reduziert werden. Das Vorhaben passierte bereits den Ministerrat, zu Jahresbeginn sollen Gespräche mit dem Handel stattfinden.

Agrana setzt auf Stärke

Der Zucker- und Stärkekonzern Agrana will bereits jetzt eine Lösung gefunden haben, die den Vorgaben entsprechen soll. Die am Donnerstag präsentierte Tragetasche besteht zu 50 Prozent aus sogenannter thermoplastischer Stärke, die aus Mais gewonnen wird, und zu 50 Prozent aus biologisch abbaubarem Polyester. Letzteres basiert auf Erdöl.

Nach Angaben von Agrana-Generaldirektor Johann Marihart ergaben TÜV-Tests bei den Sackerln "eine hundertprozentige Verrottung ohne Mikroplastikrückstände". Das Material, das für Obst- und Gemüsesackerln oder Verpackungsfolien eingesetzt werden kann, soll sich nach wenigen Wochen auflösen.

"Oft wird Biomüll in Plastiksackerln in Biotonnen gestopft", kritisiert Marihart. Das Problem wäre aus seiner Sicht mit kompostierbaren Sackerln gelöst. Diese würden bei Verbrauchern jedoch oft Unsicherheit auslösen. Marihart fordert daher eine einheitliche Kennzeichnung der Produkte.

Zu Hause kompostierbar

Das Sackerl ist nicht das erste, das aus kompostierbarem Kunststoff hergestellt wird. Die Folie aus thermoplastischer Stärke könnte ihm Gegensatz zu zahlreichen Alternativen jedoch am Heimkompost abgebaut werden, sagt Marihart. Für viele andere Biokunststoffe sei die Temperatur am Komposthaufen zu niedrig. Zudem könne bei der Produktion der Stärkesackerln Energie eingespart und der Treibhausgasausstoß reduziert werden, heißt es bei Agrana.

Trotz der Vorteile von Biokunststoffen gegenüber herkömmlichen Plastiksackerln haben diese nichts in der Biotonne verloren, heißt es hingegen bei den Wiener Müllentsorgern MA 48. "Wir wollen sie nicht im Bioabfall haben", sagt MA-48-Sprecherin Ulrike Volk. "Sie tragen nicht positiv zur Kompostqualität bei." Kollegen in anderen Bundesländern würden das ähnlich sehen.

Schutz für Kompost

Nicht nur der Anteil fossiler Rohstoffe sei problematisch, sagt Volk, auch der Kompost würde mit lauter Sackerl-Resten "grauslich" aussehen. Hinzu käme eine psychologische Komponente: Auf den ersten Blick sind kompostierbare Sackerln nicht von herkömmlichen zu unterscheiden. Die Hemmschwelle, ein Plastiksackerl in die Biotonne zu schmeißen, könnte daher sinken, wenn sich darin schon andere befänden.

Auch das Umweltbundesamt betrachtet kompostierbare Kunststoffsackerln mit Skepsis: "Wir raten da eher zur Vorsicht", sagte der stellvertretende Geschäftsführer Karl Kienzl im Gespräch mit dem STANDARD, "man sollte sie nicht in den Biomüll geben." In den meisten Fällen würden die Sackerln in kleine Teile zerfallen. Generell sei die Produktionsart entscheidend. Das von Agrana vorgestellte Sackerl kannte Kienzl nicht. Sollten tatsächlich keine Mikroplastikrückstände übrig bleiben, müsse das "eine Sensation sein".

Während sich die Industrie nach Alternativen umsieht, geht das Regierungsvorhaben der Wirtschaftskammer zu schnell. Der Handel benötige längere Übergangsfrist, um Lager abzubauen, sagte Peter Buchmüller, Obmann der Sparte Handel, im Ö1-Morgenjournal. Buchmüller schwebt eine Übergangsfrist von mindestens zwei Jahren vor. (Nora Laufer, 14.12.2018)