Was Patienten gar nicht mögen: Belehrungen durch den behandelnden Arzt.

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Essen Sie spätabends noch? Wie viele Zigaretten rauchen Sie pro Tag? Fühlen Sie sich manchmal einsam? Solche Fragen stellen Ärzte ihren Patienten, um etwaige Erkrankungsrisiken einschätzen zu können. Doch antworten die Patienten darauf wahrheitsgetreu oder schummeln sie? Verschweigen sie eventuell überhaupt medizinisch relevante Fakten? Und wie häufig tun sie das? Diesen Frage gingen Wissenschafter der University of Michigan und der University of Utah auf den Grund.

Für ihre Studie analysierten die Forscher die Aussagen von rund 4.500 Probanden über zwei Online-Befragungen (MTurk und SSI). Der Fragenkatalog wurde von Ärzten, Psychologen und Patienten entwickelt und durch Pretests geprüft. Insgesamt fragten die Wissenschafter sieben gängige Szenarien ab, die ausschlaggebend dafür sein könnten, dass Patienten die Wahrheit verheimlichen. Dazu zählte etwa, dass die Instruktionen des Arztes nicht verstanden wurden oder der Patient nicht mit den ärztlichen Empfehlungen einverstanden war. Auch Lebensstilthemen wie wenig Bewegung oder ungesunde Ernährungsweise standen zur Auswahl.

Traf ein Szenario zu, wurde der Proband gebeten, die Gründe für sein Verschweigen konkreter zu benennen. Eine Auswahl der Antworten: Patienten wollten keinen schlechten Eindruck hinterlassen oder kein "schwieriger Fall" sein. Manche dachten, dass ihnen der Arzt sowieso nicht helfen könne, andere wiederum verheimlichten medizinisch relevante Informationen, weil sie sich schämten.

Risikoreiche Meinungsverschiedenheiten

Im Mittel waren die Teilnehmer der MTurk-Umfrage 36 Jahre alt, jene der SSI-Umfrage 61 Jahre. Ein großer Teil der Probanden gab an, schon einmal dem Arzt eine Information vorenthalten zu haben: 81 Prozent in der MTurk-Studie, 61 Prozent in der SSI-Erhebung. Demnach lag der Anteil der Patienten, die zumindest einmal medizinisch Relevantes unterschlagen hatten, insgesamt bei 70 Prozent. Ein weiteres Detail: In beiden Studien verheimlichten besonders Frauen, jüngere Menschen und solche Befragten, die ihre Gesundheit im Gesamtvergleich als eher schlechter einschätzten, ihrem Arzt etwas.

Der häufigste Grund, warum wichtige Informationen unter den Tisch fallengelassen werden: wenn der Patient anderer Meinung ist als der Arzt. 46 Prozent der jüngeren Befragten (MTurk-Umfrage) und 31 Prozent der älteren Befragten (SSI-Umfrage) gaben das als Argument an. Relativ oft (32 beziehungsweise 24 Prozent) verstehen die Patienten die Anweisungen des Arztes aber auch nicht und klären deshalb nicht über alle medizinisch wichtigen Details auf. Die Wissenschafter schlussfolgern daraus, dass ein beachtlicher Teil der Patienten aus der Praxis geht, ohne zu wissen, was genau zu tun ist.

Patienten wollen nicht belehrt werden

Doch warum weisen Patienten nicht auf etwaige Verständnislücken oder ihre abweichende Meinung hin? Die häufigsten Gründe dafür sind, dass Patienten Angst haben, geringgeschätzt oder belehrt zu werden (64 beziehungsweise 82 Prozent der Fälle). Auch wollten sich die Befragten keine Vorträge über ungesundes Verhalten anhören (61 beziehungsweise 76 Prozent der Fälle). In 50 beziehungsweise 61 Prozent der Fälle war es den Probanden auch schlicht peinlich oder unangenehm.

Das Fazit der Forscher: Offenbar besteht in der Kommunikation zwischen Arzt und Patienten Verbesserungsbedarf. Denn das Verheimlichen relevanter Informationen könne im schlimmsten Fall zu schwerwiegenden Fehlbehandlungen führen. (red, 4.1.2019)