Heinz-Christian Strache geht es gut. Privat wie beruflich. Das merkt man. Der 49-Jährige ist so gelassen wie schon lange nicht mehr. Es läuft. Ein bisschen abgenommen hat er. Privat hat er seine Ruhe und sein Glück gefunden, er ist seit 2016 mit Philippa Beck verheiratet, die beiden erwarten ein Kind. Philippa, die als Model und Moderatorin arbeitet, ist hochschwanger. Und Strache, ausgerechnet ein Freiheitlicher, hat angekündigt, eine Art Babypause zu nehmen und wenigstens ein paar Wochen zu Hause bei Frau und Kind zu bleiben. Damit wäre er der erste Regierungspolitiker, der zumindest vorübergehend der Familie den Vorzug gegenüber den Staatsgeschäften gibt – ein Role-Model auch für linke Politiker.

Strache ist seit 2016 mit Philippa Beck verheiratet, die beiden erwarten ein Kind
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Auch beruflich läuft es aus Straches Sicht gut. Er ist Vizekanzler. Seit einem Jahr schon. Nebenbei auch noch Minister für den öffentlichen Dienst und den Sport. Alles, was da im Hintergrund möglicherweise holpert und kracht, kann getrost ausgeblendet werden: Die FPÖ hat wieder den Sprung in die Regierung geschafft. Damit hat Strache sein großes politisches Ziel erst einmal erreicht. Ob es für das ganz große Ziel, Kanzler zu werden, je reichen wird, ist ungewiss.

Platz eins in weiter Ferne

Derzeit lautet das Motto erst einmal: Überleben in der Regierung. Das gelingt mittelprächtig. Die Umfragewerte der FPÖ sind relativ stabil, sie matcht sich mit der SPÖ um den zweiten Platz. Der erste Platz ist derzeit sowieso in weiter Ferne, sowohl für die FPÖ als auch für die SPÖ. Die FPÖ ist immerhin nicht abgestürzt, wie ihr beim Regierungseintritt prophezeit worden war, sondern kann ihr Wahlergebnis von 26 Prozent in den Umfragen halten. Und Strache hält Kurs.

Heinz-Christian Strache hört auf Sebastian Kurz, damit kommt auch die FPÖ ganz gut über die koalitionären Runden.
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Was die Medien schreiben, ist Strache und seiner Mannschaft herzlich egal, eine Ausnahme ist vielleicht die "Kronen Zeitung". Zu der gibt es ohnedies beste Verbindungen. Die veröffentliche Meinung berührt Strache nicht, er nimmt sie kaum wahr. Dafür können ein paar kritische Facebook-Eintragungen von Fans oder Funktionären eine massive Krise in der Partei auslösen. Die Rückmeldungen über Facebook sind für Strache die wahren Nachrichten.

Versorgte Burschenschafter

Parteiintern sind die Machtkämpfe erst einmal abgeebbt, Strache sitzt unangefochten im Sattel. Die akademischen Burschenschafter, die gerne auf Strache, den Zahntechniker, herabgeblickt hatten, sind in den Ministerbüros gut versorgt worden, ihr Einfluss in der Partei ist dank der Präsenz im Parlamentsklub gesichert, richtet sich aber nicht gegen Strache.

Der muss zumindest nach außen hin versuchen, die Umtriebe der von kruden Weltanschauungen getriebenen Funktionäre unter der Decke zu halten. Strache selbst hatte mehrfach versichert, gegen Antisemitismus in seiner Partei auftreten zu wollen, hier gibt es ein ernsthaftes Bemühen. Gegen die grassierende Ausländerfeindlichkeit unternimmt er allerdings nichts. Die wird über die Facebook-Profile von ihm selbst, von Klubchef Johann Gudenus und von anderen Freiheitlichen noch ordentlich befeuert.

Strache gibt sich nach außen hin sehr konziliant.
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Strache hält den strammen Kurs, den er immer schon vertreten hat, gibt sich nach außen hin aber sehr konziliant. Charmant, interessiert, ein guter Zuhörer, entgegenkommend in der Kommunikation. Etliche Mitarbeiter in seinem Ministerium, die zuvor andere Chefs hatten und anderen Parteien angehören, waren überrascht: Strache nimmt sich Zeit für Gespräche, pflegt einen wertschätzenden Umgang – anders als Minister zuvor.

Mit Kurz verbindet Strache mittlerweile so etwas wie eine Freundschaft. Das Vertrauen, das der FPÖ-Chef dem Kanzler entgegenbringt, grenzt an Selbstaufgabe. Strache ist sich offenbar sicher, von Kurz nicht über den Tisch gezogen zu werden. Er überlässt ihm Entscheidungen, Formulierungen und selbst Abstimmungen mit anderen freiheitlichen Regierungsmitgliedern.

Strache selbst steht loyal zu seinen Problembären: Innenminister Herbert Kickl hat trotz oder wegen der medialen und oppositionellen Kritik die besten Werte bei der eigenen Kernwählerschaft. An ihm wird nicht gerüttelt. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ist extrem ungeschickt in der Kommunikation nach außen, erschwerend kommt hinzu, dass ihr die roten Sektionschefs im Haus nichts Gutes wollen. Strache nimmt das alles gelassen hin, er hält an seinen Personalentscheidungen fest. Und delegiert schon fleißig seine Aufgaben. Er muss sich demnächst um Wichtigeres kümmern: um Philippa und das Baby, für ein paar Wochen jedenfalls. (Michael Völker, 15.12.2018)