Lage, Lage, Lage – in der Immobilienbranche ist häufig von diesen "drei" Eigenschaften die Rede, wenn es um die Kriterien geht, die eine gute Immobilie erfüllen muss. In naher Zukunft werde sich das ändern, ist Chris Müller überzeugt. Er hat das Projekt Atmos Resort & Research initiiert und glaubt: "In Zukunft heißt es: Lage, Lage, Luftqualität."

Letztere beschäftigt den Oberösterreicher, seit bei seiner mittlerweile achtjährigen Tochter kurz nach ihrer Geburt Mukoviszidose diagnostiziert wurde – eine genetische Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper "innerlich verschleimt", wie Müller es nennt. "Es ist wie bei einem Wassereinbruch im Keller, den man versucht, mit Pumpen trockenzulegen."

Visualisierung: Coop Himmelb(l)au

Müller weiß: 90 Prozent aller Menschen auf der Welt leben in schlechter Luftqualität. Dafür will Atmos Bewusstsein in der Bevölkerung schaffen und jene unterstützen, die besonders an Luftverschmutzung leiden. Dazu gehören Patienten mit Mukoviszidose – weltweit gibt es 70.000 Betroffene –, aber auch Menschen, die an einer Chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leiden, sie trifft 13 Prozent aller Erwachsenen.

Um ihnen allen Linderung zu schaffen, hat Müller Experten aus verschiedenen Fachrichtungen versammelt, um sein Ziel zu verwirklichen: ein Ferienresort, in dem die Luftqualität heilsam ist.

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Möglich machen das sogenannte Aerosole. Das sind schwebende Stoffe in der Luft, die bisher vor allem einen negativen Ruf hatten. Doch es gibt auch jene, die sich positiv auf die Luftqualität auswirken. Etwa wenn Sonnenstrahlen aufs Meer treffen, ein Salznebel aufsteigt, Wellen brechen und so Aerosole entstehen, die vom Wind aufs Festland getragen werden. Genau dort soll dann das Atmos Resort stehen. "Durch seine Bauform werden die Aerosole durch jede Ritze und jede Pore direkt zu den Menschen in der Anlage getrieben. Die klimatischen Apartments sind ein riesiges Inhalationsgerät", sagt Müller. Die winzigen Salz-Aerosole lockern Sekrete in der Lunge und fördern so das Abhusten von Schleim.

Das von Coop Himmelb(l)au entworfene Resort ist dem Palast von Knossos nachempfunden und soll am Ende eine Kombination aus privaten Einheiten, öffentlichen Gärten und großzügigen Plätzen sein.

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Die Pläne von Müller und seinem Team sind groß. "Wir wollen eine Stadt bauen, die sensationell zukunftsträchtig ist und ins kollektive Gedächtnis eindringt", sagt er. Konkret soll in den nächsten zwei Jahren der erste von mehreren Spatenstichen stattfinden, Projektentwickler ist Soravia. Je nach Erschließungsaufwand, Art des Grundstücks und Infrastruktur vor Ort werden die Errichtungskosten ab 50 Millionen Euro pro Resort liegen. Dafür sammelt Atmos derzeit noch Gelder.

Apropos Ort: Die Suche nach einem Grundstück an der Meeresküste, das den Salzgehalt der Luft optimal nutzt, betreibt Atmos nicht nur klassisch mit Blick auf die vorhandene Infrastruktur und rechtliche sowie bauliche Voraussetzungen im jeweiligen Land, sondern zusätzlich quasi kosmisch – mithilfe von Satelliten.

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Im durch diese Standortsuche entstandenen Forschungszweig Atmos Aerosol Research arbeiten Atmosphärenforscher des IT- und Softwareunternehmens Catalysts mit einem Algorithmus daran, "in hochkomplizierten physikalischen Modellen zu errechnen, in welchen Atmosphärenschichten sich welche Aerosole befinden", erklärt der CEO von Catalysts, Christoph Steindl. Dafür werden Satellitendaten von Nasa und Esa ausgewertet und so schädliche Aerosole, wie Feinstaub, oder gesundheitsförderliche, wie Salzwasserpartikel, in der Luft festgestellt. So finden die Forscher geeignete Standorte für die zukünftigen Resorts. "Wir können aus dem Weltraum auf die Grundstücke schauen und dann sagen: ‚Hier bauen wir, oder hier bauen wir nicht‘", sagt Müller. Derzeit sind mehrere Standorte im Mittelmeerraum im Gespräch.

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Für Lungenpatienten, für die der Aufenthalt im Atmos Resort kostenlos sein wird, soll sich vor Ort die tägliche Routine verändern – so weit, dass das tägliche Inhalieren seltener oder gar nicht mehr nötig ist. Laut dem COPD-Spezialisten Rolf Ziesche führen bereits drei Wochen Aufenthalt zu einer spürbaren Erleichterung für Patienten, stimulieren die Selbstheilungskräfte und senken messbar die Entzündungswerte. (Bernadette Redl, 16.12.2018)

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