Ziel der 24. Klimakonferenz in Kattowitz ist es, dass sich die 196 Länder auf das "Rulebook" einigen, an dem seit 2016 gearbeitet wird. Mit diesem Regelwerk soll das Pariser Abkommen von 2015 in die Tat umgesetzt werden. Die Verhandlungen gestalteten sich jedoch am Freitag noch schwierig.

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Kattowitz – Es habe viele Monster in der Vergangenheit gegeben. Aber niemand habe bislang wissentlich versucht, die Zukunft aller zu zerstören, sagte der Philosoph und Sprachwissenschafter Noam Chomsky Freitagnachmittag auf der 24. Klimakonferenz im polnischen Kattowitz via Videozuschaltung.

Er mahnte dazu, sich der Realität zu stellen. Ein Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft sei nichts, wovor man sich fürchten müsse. Auch an den Massenmedien übte er Kritik. Das Thema Klimawandel werde entweder heruntergespielt oder stiefmütterlich behandelt.

Auf politischer Ebene wurde unterdessen weiterverhandelt. Freitag um drei Uhr früh lag nach zähem Ringen auf Beamtenebene endlich der Entwurf des Regelwerks vor. Die weiteren Verhandlungen könnten bis Samstag andauern. Die erste Sitzung wurde für 4.00 Uhr angesetzt. Die Abschlusssitzung zum Ende der Konferenz war zunächst für 6.00 bis 8.00 Uhr geplant. Adam Pawloff, Klimasprecher von Greenpeace, bezeichnete den Textentwurf als "viel zu schwach".

Streit um Finanzierung

Der Verhandlungstext bringe nur technische und keinerlei politische Fortschritte, kritisierte der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz. "Die österreichische Regierung sollte mit gutem Beispiel vorangehen und in Kattowitz zusagen, mindestens 100 Millionen Euro zum Green Climate Fund beizutragen", forderte Waitz.

Mit dem Fonds sollen etwa Anpassungen an den Klimawandel in Entwicklungsländern vorgenommen werden, die oft mehr unter den Folgen leiden. Harjeet Singh von der NGO Actionaid International bezeichnete die Angebote der Industriestaaten im Bereich "Verlust und Schäden" aber als "grausamen Witz".

Klare Festlegung fehlt

Im Entwurfstext fehle eine klare Festlegung, wie die zugesagten knapp 90 Milliarden Euro pro Jahr aus öffentlichen und privaten Mitteln ab 2020 ausgezahlt werden und welche Transfers dabei mitzählen.

Für Johannes Wahlmüller, Klimaexperte bei Global 2000, handelt es sich um einen "Kompromisstext", der noch deutlich verbessert werden müsse. So werden die dramatischen Ergebnisse des Berichts des Weltklimarats (IPCC) zwar erwähnt. "Nach derzeitigem Stand werden aber keinerlei Konsequenzen daraus gezogen", sagt Wahlmüller.

Erhebliche Folgen

Die Wissenschafter rieten im Bericht explizit dazu, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die 91 Autoren aus 40 Staaten verwiesen darauf, dass die bereits eingetretene Erwärmung von etwa einem Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau mit erheblichen Folgen wie häufigerem Extremwetter, steigendem Meeresspiegel und dem Verschwinden arktischen Meereises verbunden sei. Bei den bislang angestrebten zwei Grad Celsius würden katastrophale Folgen drohen.

Welche Folgen der Klimawandel auch in Österreich schon hat, wurde bei der Veranstaltung "Klimawandel und Gesundheit" im EU-Pavillon der Klimakonferenz erörtert. In diesem Rahmen wurde der erste nationale "Sachstandsbericht Gesundheit, Demografie und Klimawandel" präsentiert. Er wurde im Auftrag des Klima- und Energiefonds im Herbst von 66 österreichischen Forschern aus den Fachbereichen Medizin, Klima und Demografie vorgelegt.

Mehr Hitzetage, mehr Hitzetote

Ihm zufolge steigt die Zahl der Hitzetage in manchen Regionen Österreichs bis zur Jahrhundertwende um das Zehnfache, die klimainduzierten Todesfälle in ganz Europa sogar um das 50-Fache. "In den Jahren 2003 bis 2012 gab es in Österreich im Schnitt jährlich sechs aufeinanderfolgende Hitzetage.

2036 bis 2065 kann sich diese Zahl auf 27 Hitzetage erhöhen, bis zum Jahr 2100 sogar verzehnfachen", sagt der Studienkoordinator Willi Haas von der Universität für Bodenkultur. Auch die Herausforderungen durch Allergien oder neue invasive Insektenarten steigen.

Durch steigende Hitzebelastung und Alterung der Bevölkerung werde sich, so Haas, die Zahl der Hitzetoten in den kommenden 40 bis 50 Jahren verfünf- bis verzehnfachen. "Europaweit rechnen wir bis zur Jahrhundertwende mit einem 50-fachen Anstieg klimabedingter Todesfälle in Europa mit weit mehr als 100.000 zusätzlichen Opfern", warnt Haas. Wichtig sei es daher, Gesundheitsaspekte bei den Maßnahmen gegen den Klimawandel mitzudenken.

Nächster Gastgeber der UN-Klimakonferenz Ende 2019 wird übrigens Chile sein, wie am Freitagabend im Plenum bekannt gegeben wurde. Eigentlich war Brasilien als Gastgeber vorgesehen. Dort kommt im Jänner allerdings eine klimawandelskeptische Regierung ins Amt. (Julia Schilly aus Kattowitz, 14.12.2018)