Wo er Fahrdynamik demonstrieren kann, ist der 3er in seinem Element. Das hat bisher, seit 1975, über 15,5 Millionen überzeugt.

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Grafik: der Standard

Frontansicht.

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Die Sitze im neuen BMW 3er.

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Das jetzt bitte nicht falsch verstehen: Jede und jeder, die und der was von Autos versteht, weiß, dass das 2er-Coupé das schärfste Messer in BMWs Küche ist. Geht es hingegen um eine ganze Baureihe, dann ist der 3er der Ort, wo die Musik spielt.

Trotz der neuen Größe – mit 4,71 m ist der 3er 67 mm länger als bisher – steht er für fahrdynamische Extraklasse. Da hält nur der Jaguar XE halbwegs mit.
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Dass besagter 2er in die Abmessungen des früheren 3ers hineingewachsen ist, ist ein anderes Kapitel, aber da es hier schon angerissen ist: 4,43 Meter misst das 2er-Coupé, diese hinterradgetriebene fahrdynamische Offenbarung, die vierte 3er-Generation (E46, ab 1998) war 4,47 m lang. Fast ein Kleinwagen gegenüber dem neuesten Format: Mit 4,71 m überragt die siebente Generation den Vorgänger um fast sieben Zentimeter, womit er seinerseits auf die Dimensionen des dritten 5ers (4,72 m; E 34, ab '88) angeschwollen ist.

Slim-Fit ade

Bisher saß ein 3er immer wie ein Slim-Fit-Anzug: im Zweifelsfall eine Spur zu eng – das passt psychologisch perfekt zum strikten Vorwärtsdrang dieses Fahrzeugs -, was einem immer speziell im direkten Vergleich mit der C-Klasse von Mercedes und dem A4 von Audi auffiel. Das ist jetzt erstmals nicht mehr so, das Platzangebot ist richtig üppig.

Das Heck des neuen 3ers.
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Der um 41 mm längere Radstand – 2,85 m – und die um 55 kg abgespeckte Karosserie wecken Erwartungshaltungen in Richtung der Fahreigenschaften, und wenn sie hochgesteckt sein sollten: Sie werden von der Realität übertroffen. Das jedenfalls wäre unser Primäreindruck nach den ersten Testfahrten angelegentlich der internationalen Präsentation in Portugal. Der 3er bleibt ein teleologisches Automobil: zielstrebig wie nur was.

Was der draufhat, was der kann, da wird Kernkompetenz erneut auf ein ganz eigenes Niveau gehoben. Mit ein Grund, warum wir uns für die teilautonomen Funktionen ein striktes Anwendungsverbot auferlegten. Von dem ganzen Vernetzungsbrimborium, klar ist BMW auch da ganz vorne mit dabei, schweigen wir überhaupt, es lenkt nur vom Fahrgeschehen ab, und das will in dem Auto doch niemand ernsthaft verlangen, oder? Nur so viel: Das Bedienkonzept mit Dreh-Drück-Knopf ist und bleibt vorbildlich, die neuartige Sprachbedienung ergänzt den Ansatz kongenial.

Ross und Reiter

Der 3er war stets ein Fahrzeug, das an die griechische Kentauren-Mythe gemahnte: Ross und Reiter wachsen zusammen. Reinsetzen, losfahren, lenken, beschleunigen, bremsen, und was denn, jetzt will der Tiroler auch schon ans Steuer, mit dem wir eine Lenkradallianz geschmiedet haben? Nein, nein, Walter, auf dem Ohr höre ich erstens schlecht, zweitens war noch gar nicht Halbzeit. Doch, schon, beharrt der legitime Erbe Andreas Hofers, und er hat ja recht, jetzt hat unsereins wenigstens Zeit, über das Gesamtpaket nachzusinnen.

Hier fand das Gerangel im Cockpit um den Platz am Steuer statt.
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Das Design etwa. Die Augen mit dem scharfen Laserblick vorn, vor denen möcht' man sich fast fürchten. Das Heck mit seiner schlank gezeichneten Rückleuchtengrafik erinnert ein wenig an Lexus, ansonsten wirkt die Formensprache schlüssig, schärfer als zuletzt und gefällig. Ja doch, der 3er ist ein richtig fescher Kampl geworden.

Balance und Schwerpunkt

Das stupende fahrdynamische Können schreibt BMW besonders diesen Faktoren zu: 50:50-Achslastbalance; tieferer Schwerpunkt; Fahrwerk mit hubabhängigen Dämpfern, stufenlos und progressiv geregelt. Das bringe Ruhe und Souveränität in die Sache (und das M Sportfahrwerk spitze die Draufgängerqualitäten weiter zu), erklärte man uns in den technischen Gesprächen.

"Se non è vero, e molto ben trovato", hatten wir da noch mit Giordano Bruno gedacht: Wenn's nicht wahr ist, ist's doch gut erfunden. Aber nein, das war mitnichten übertrieben!, und damit lassen wir Walter die Runde genussvoll zu Ende drehen und berichten noch rasch von den Motoren. Wer den legendären Drei-Liter-Reihensechser sucht, wird fündig – aber nur beim Top-Diesel (330d, 265 PS). Der Rest ist (vorerst, denn weitere Triebwerke folgen) spritzig, sparsam, EU-6d-temperiert – und vierzylindrig. Als antriebstechnische Highlights laufen ab Juli dann der Plug-in-Hybrid (252 PS, 60 km E-Reichweite) und der M340i (374 PS) zu. Einmal Öko, einmal Sport. (Andreas Stockinger, 19.12.2018)