Ein Gang durch die Wiener City verläuft oft durch die Gegenstromanlage der Touristen.

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Jetzt ist die stillste Zeit des Jahres, in der man in der Wiener Innenstadt in der Dämmerstunde von panischen Touristen gefragt wird, wie man am schnellsten zur Secession kommt. Ah, da will jemand das Jugendstilgebäude samt Beethovenfries noch rasch ins Besichtigungsprogramm reinpressen. Aber Irrtum, die netten italienischen Besucher müssen ganz dringend zur Secession, weil dort ihr Bus für die Heimfahrt wartet.

Rom verbietet jetzt übrigens ab 1. Jänner die Einfahrt von Touristenbussen bestimmter Schadstoffklassen in die historische Altstadt. "Overtourism" lautet das Stichwort. Venedig etwa ist wahrscheinlich nur noch am 2. Jänner um 20 Uhr abends halbwegs ungestört besuchbar. Über die Karlsbrücke in Prag geht man nicht, man wird geschoben.

Auch in Wien verläuft ein Gang durch die City oft durch die Gegenstromanlage der Touristen, die mit leerem Blick hinter der schirmtragenden Fremdenführerin hertrotten. Noch nimmt man achselzuckend zur Kenntnis, dass im Hawelka nur noch Touristen sitzen und warten, dass jetzt der André Heller hereinkommt, noch amüsiert man sich über Warteschlange vor dem Café Central.

Unkorrekte Gedanken kommen auf: Waren nicht die Heimatländer vieler dieser Touristen früher kommunistische Diktaturen, die niemanden ausreisen ließen? Pfui, falsch gedacht. Die Freiheit ist auch die Freiheit des Touristseins. (Hans Rauscher, 14.12.2018)