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May droht Gegenwind aus der Labour Partei.

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Brüssel – Der britische Vizepremier David Lidington hat laut "Mail on Sunday" eine Serie von "Geheimgesprächen mit Abgeordneten der Labour Partei für die Bildung einer Koalition der Willigen für ein zweites Referendum" zum Brexit geführt. Die Zeitung "daily mail" veröffentlichte auch schon ein Bild eines Abstimmungszettels mit drei Varianten.

Darauf sollen die Briten "deal" oder "no deal" oder "remain" ankreuzen. Auch einer der einflussreichsten Berater der britischen Premierministerin Theresa May, Gavin Barwell, soll Pläne für die Abhaltung eines zweiten Referendums haben. Nach Angaben der Zeitung seien diese "aufwieglerischen" Vorschläge aber von den "Brexiteers" (strikte Befürworter eines Austritts der Briten aus der EU) in der Regierung wutentbrannt abgeschmettert worden.

Der britische Bildungsminister Damian Hinds teilte der Nachrichtenagentur Reuters hingegen mit, dass die Regierung kein zweites Votum plane: "Wir haben die Stimmen der Bevölkerung, wir hatten ein Referendum und jetzt müssen wir dieses umsetzen."

Abstimmung vor Weihnachten gefordert

Eigentlich will die Labour-Partei alles daran setzen, um bereits in den kommenden Tagen einen Parlamentsentscheid über das von May ausgehandelte Brexit-Abkommen zu erreichen. "Wir werden kommende Woche alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Regierung zu einer Abstimmung noch vor Weihnachten zu zwingen", sagte der Labour-Wahlkampfmanager Andrew Gwynne am Sonntag der BBC.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon sagte, ein Misstrauensantrag gegen die konservative Regierung in London könne Erfolg haben. "Wir haben eine schwache und instabile Regierung, deren Zustand sich jeden Tag verschlechtert", sagte sie Sky News.

Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier forderte die britische Regierung unterdessen auf, ihre Änderungswünsche für die Brexit-Vereinbarung mit der EU zu konkretisieren. Beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel sei klar geworden, dass es keine neuen Verhandlungen geben könne, wohl aber Raum für Klarstellungen da sei, sagte er in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters.

Auffanglösung für Irland

Die britische Regierung rechnet damit, dass die Gespräche mit der EU über weitere Zusicherungen Zeit brauchen werden. Die EU verstehe das Problem, sagte Handelsminister Liam Fox der BBC. Die Frage sei, ob eine Klarstellung zur Auffanglösung für Irland gefunden werden könne, wonach Großbritannien so lange in der Zollunion bleibt, bis der Umgang mit der Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland geklärt ist. Es gehe darum, eine Einigung zu finden, die die Ängste der Bürger tatsächlich beseitige. "Das wird nicht rasch geschehen, sondern irgendwann im neuen Jahr."

Außenminister Jeremy Hunt zeigte sich zuversichtlich, das Brexit-Abkommen durch das Parlament zu bekommen. Voraussetzung sei aber, dass die Abgeordneten Zusicherungen der europäischen Staaten in einigen Punkten erhielten, sagte er der BBC. Er nannte dies wahrscheinlich, da die übrigen EU-Staaten wüssten, dass ein ungeregelter Brexit eine Katastrophe wäre. So müsse die EU deutlich machen, dass der sogenannte Backstop bezüglich Nordirland keine dauerhafte Einrichtung wäre. Sollte die EU hier den britischen Forderungen nicht entgegenkommen, sei ein Ausstieg Großbritanniens aus der Staatengemeinschaft ohne Abkommen nicht auszuschließen. Die EU könne sich nicht darauf verlassen, dass es in jedem Fall ein Abkommen gebe.

Keine Mehrheit im Unterhaus

Im britischen Unterhaus zeichnet sich keine Mehrheit für das mühsam ausgehandelte Vertragswerk zum EU-Austritt ab. Nicht nur die Oppositionsparteien wollen dagegen stimmen, sondern auch rund 100 Abgeordnete aus Mays Konservativer Partei. Wegen der sich abzeichnenden Abstimmungsniederlage hatte May das für vergangenen Dienstag angesetzte Brexit-Votum verschoben. Dieses soll bis zum 21. Jänner nachgeholt werden.

Altmaier geht nach eigenen Worten davon aus, dass das britische Parlament nicht für einen ungeregelten Austritt stimmen wird. "Wenn es zu einem sogenannten harten Brexit kommt, zum einem Ausscheiden ohne eine Übergangsperiode, ohne Klarheit über künftige Beziehungen, würde das zum einen zu Unsicherheiten führen, zum anderen aber auch zu konkreten Umstellungsproblemen in vielen Bereichen", warnte der Minister. Großbritannien würde das besonders hart treffen: "Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass es im britischen Parlament eine Mehrheit für einen harten Brexit nicht geben wird." (APA, Reuters, red, 16.12.2018)