Wien – Laut Abertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder wackelt die für Anfang Oktober 2019 geplante Eröffnung der Dependance im umgebauten Künstlerhaus. Verantwortlich für eine mögliche Verschiebung sind weit zeitintensivere Restaurierungsarbeiten bei der Generalsanierung als vorgesehen.

Ob Schröder, der seit 1999 an der Spitze des Museums steht und es nicht nur als Sammlung für Grafik geführt hat, über 2019 hinaus die Geschicke der Albertina verantworten wird, ist noch nicht entschieden. Sein in einem Jahr auslaufender Vertrag wird rund um den Jahreswechsel ausgeschrieben. Der 63-Jährige wird sich um eine weitere Amtsperiode bewerben.

2018 wird man voraussichtlich mit 950.000 Besuchern abschließen, mit fast einer halben Million Besuchern aus Österreich sei man das für heimische Kunstinteressierte attraktivste Museum, freut sich dessen Chef. Die bis 6. Jänner laufende Monet-Schau wird die dritterfolgreichste Ausstellung der Albertina-Geschichte, geschlagen nur von Van Gogh (2008, 590.000 Besucher) und Dürer (2003, 470.000 Besucher). Nach 15-jähriger Pause wird man im Herbst 2019 die lichtempfindlichen Zeichnungen und Aquarelle Dürers, von denen man mit rund 140 Werken einen der bedeutendsten Bestände besitzt, für eine Ausstellung erneut aus dem Tresor holen.

Programmvorschau

Das Ausstellungsjahr 2019 beginnt man im Februar mit einer Retrospektive des österreichischen Fotografen Manfred Willmann und zwei Ausstellungen, in denen sich die Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein nicht im Palais-Ambiente, sondern in modernen White Cubes präsentieren, und endet ab Oktober mit einer Zeichnungsausstellung der Sammlung Guerlain aus dem Centre Pompidou, die an die hauseigene Schau "Drawing Now" (2015) anschließen soll. Erstmals wird ab 7. Juni eine figurative Werkserie des für abstrakte Farbmalerei berühmten Sean Scully präsentiert.

Dazwischen wartet viel prominente österreichische Kunst zu runden Geburtstagen. Von Herrmann Nitsch sind ab 17. Mai zu seinem 80er Aktionsmalerei und Schüttbilder zu sehen. Zum 100. Geburtstag von Maria Lassnig, der im Vorjahr eine Ausstellung ihrer Aquarelle und Zeichnungen gewidmet war, gibt es ab 6. September eine umfassende Retrospektive, bei der auch viele ihrer 64 Gemälde aus dem Albertina-Bestand zu sehen sein werden. Und ab 27. September gibt es zum 90er von Arnulf Rainer seine frühen Übermalungen und Kreuze, seine monumentalen Face Farces sowie späte Schleierbilder zu sehen.

Terminprobleme mit geplanter Dependance

Noch nicht in den Ausstellungsvorhaben enthalten ist die künftige neue Dependance im Künstlerhaus, deren Name und Eingliederung in Sachen Ticketing und Corporate Design der Albertina Schröder erst zu einem späteren Zeitpunkt präsentieren möchte. Denn derzeit wackelt der mehrfach verschobene Eröffnungstermin erneut. Während die Haustechnik bereits "fix und fertig" sei, ist ein Abschluss der Restaurierungsarbeiten am Gebäude noch nicht exakt abzusehen. "Alle Dekorelemente sind nämlich entgegen des ersten Augenscheins nicht aus Stein gemeißelt, sondern aus Gips", sagt Schröder. "Der Eröffnungstermin wird definitiv von den Restauratoren diktiert." Das Konzept der natürlich der Sammlung Essl gewidmeten ersten Ausstellung steht dagegen ebenso fest wie die beiden weiteren, die sich – ausgehend von der Sammlung Essl – mit österreichischer Kunst beschäftigen wird.

Bundesmuseenordnung versuche, die Realität zu definieren

Dass Karlheinz Essl seinen 40-Prozent-Anteil an der Sammlung (den Rest hält die Familienstiftung des Industriellen Hans-Peter Haselsteiner, der auch den Umbau des Künstlerhauses und den laufenden Ausstellungsbetrieb finanziert) nun nicht nur als Dauerleihgabe, sondern als Schenkung der Republik übergeben hat, hält Schröder vor allem atmosphärisch für bedeutsam – nicht zuletzt, weil durch diesen Sammlungszuwachs auch seine eigene Expansionspolitik des ursprünglich auf Grafik beschränkten Hauses eine Bestätigung und Absicherung erfährt. "Manche haben ja das Gefühl, wenn die Bundesmuseenordnung erklärt, die Erde sei eine Scheibe, hat das so zu sein, weil die Bundesmuseenordnung die Realität definiert", stichelt Schröder.

Museumsbesuch sei nicht preissensibel

Der Albertina-Chef teilt noch in eine andere Richtung aus: "Der Museumsbesuch ist überhaupt nicht preissensibel. Das ist er nur für Oppositionspolitiker." Im Vergleich zu anderen Kulturangeboten sei der Museumsbesuch nahezu unschlagbar preisgünstig, deswegen lasse sich auch das Problem, dass man mitunter an Kapazitätsgrenzen stoße, nicht über den Preis lösen. Im New Yorker MoMA habe eine in zwei Stufen erfolgte Anhebung des Eintritts von 3 auf 25 Dollar praktisch keine Besucher-Einbußen verursacht. Von der neuen BundesMuseenCard habe man am ersten Tag nach ihrer Einführung 15 Stück verkauft, von der teureren hauseigenen Jahreskarte dagegen am selben Tag 85 Stück. Für Schröder ist die neue Bundesmuseen-Karte eine Teaser-Karte, die er mit dem Teaser-Abend "Lange Nacht der Museen" vergleicht: "Auch das kostet uns wesentlich mehr, als es an diesem Abend bringt." Nach sechs Monaten werde man wohl evaluieren, er rechne aber mit keinem gravierenden Einnahmenausfall.

Altlasten eines Architektennachlasses

Im kürzlich vorgelegten Rechnungshofbericht über die Albertina wurde etwa die Übernahme der Sammlung Essl als weniger wirtschaftlich kritisiert als jene der Sammlung Batliner – für Schröder eine zu kurz greifende Sichtweise. Auch habe er zur Kenntnis nehmen müssen, dass er sich mit dem Herausschieben von für ihn nicht prioritären Arbeiten wie der Katalogisierung und Archivierung einer noch von seinem Vorgänger angenommenen Schenkung eines Architektennachlasses angreifbar mache. Man habe nach der Rechnungshof-Kritik daher rasch Mittel freigemacht und die Arbeiten in Angriff genommen. "Im Jänner wird das abgeschlossen sein. Diese Zeichnungen wird dennoch wohl auch in Zukunft niemand anschauen wollen."

Rücklagen für Schieflagen

Dank jährlicher Überschüsse verfügt die Albertina über Rücklagen in Millionenhöhe. Wird da bereits für eine nächste Erweiterungsoffensive angespart? Schröder weist diesen Verdacht entrüstet zurück: "Diese Rücklagen sind nicht für Vorhaben, die ich verheimliche. Es sind Rücklagen für Unvorhergesehenes." Eine einzige vom Publikum nicht angenommene Ausstellung, ein Einbruch im Tourismus könne bereits das Budget in Schieflage bringen. Und genau dafür seien die Rücklagen da: "Wir arbeiten nicht ohne Netz!" (APA, 16. 12. 2018)