Frage:

"Ich lebe mit dem Vater meiner zwei Kinder (7 und 9) in Trennung. Seit vergangenem Jahr stellt sich uns die Frage, wer wo und wie Weihnachten, Silvester und auch die Zeit rundherum verbringt. Obwohl wir beide wieder neue Partner haben, verstehen wir uns recht gut. Dennoch ist es richtig stressig, die freien Tage so aufzuteilen, dass jeder Zeit mit den Kindern verbringen kann. Dazu kommt, dass auch die jeweiligen Großeltern und Verwandten die Kinder sehen wollen.

Wer es allen recht machen will, kommt vermutlich ins Strudeln. Was man beachten sollte, wenn man die Zeit in den Ferien fair organisieren will.
Foto: https://www.istockphoto.com/at/portfolio/PeopleImages

Entspannend ist das alles nicht. Ich überlege sogar der Einfachheit halber, Silvester gemeinsam mit meinem Ex-Partner und den Kindern zu feiern. Was halten Sie davon?"

Antwort von Hans-Otto Thomashoff:

Für Kinder gut zu sorgen ist wichtig und selbstverständlich. Seine eigene Lebensgestaltung den realen oder auch vermeintlichen Wünschen unserer Kinder unterzuordnen halte ich jedoch für keine gute Idee. Ich hatte jüngst einen Patienten in meiner Praxis mit fünf Kindern aus zwei Ehen. Der strampelte sich neben seinem Beruf pausenlos ab für das Glück seiner Kinder. Ich habe ihm vor Augen geführt, wie er seinen Kindern in bester Absicht vorlebt, dass Elternsein mühsam ist, und dass die sich später die Erziehung eigener Kinder wohl kaum antun werden. Daraufhin sah er mich mit großen Augen an und meinte: "Das sagen die jetzt schon."

Wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse an den Nagel hängen und unseren Kindern eine totale Wunscherfüllung suggerieren, führt das letztlich dazu, dass sie immer fordernder werden. Wenn dann später nicht alles nach ihrer Pfeife tanzt, werden sie protestieren, anstatt ihre eigene Lebensgestaltung in Angriff zu nehmen.

Fazit: Unsere Partnerschaft ist unsere primäre Beziehung. Unsere Vorbildfunktion als Eltern spricht klar dagegen, dass wir unsere Kinder so weit in den Mittelpunkt unserer eigenen Lebensgestaltung stellen, dass wir darüber unser eigenes Leben vernachlässigen – auch wenn das heute in der Flut von Ratgebern und bunter Werbung oft als erstrebenswert angepriesen wird. Vergessen wir das.

Vielmehr sollten wir gegenseitig dafür sorgen, dass es unserem Partner gut geht. Das ist auch gut für uns selbst. Allein schon deshalb, weil unser Stresshaushalt davon profitiert und so unser Leben deutlich verbessert und verlängert wird. "Ich will, dass es dir gut geht", das ist die Zauberformel für eine gelingende Beziehung. Und das ist das beste Vorbild, das wir unseren Kindern vorleben können. Auch an den Festtagen. (Hans-Otto Thomashoff, 30.12.2018)

Hans-Otto Thomashoff ist Psychiater, Psychoanalytiker, zweifacher Vater und Autor. Zuletzt veröffentlichte Bücher: "Das gelungene Ich" (2017) und "Damit aus kleinen Ärschen keine großen werden" (2018).
Foto: Alexandra Diemand

Antwort von Katharina Weiner:

Der erste Gedanke zu Ihrer Ausführung ist: Hat denn schon jemand die beiden Kinder gefragt, mit wem sie wie viel Zeit verbringen möchten? Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt dafür. Nehmen Sie sich alle (Eltern, Großeltern, Ex-Partner, neue Partner) Zeit für eine informelle Familienkonferenz, um zu klären, wer welche Bedürfnisse und Wünsche für die Weihnachtsferienzeit hat.

Auch in Patchwork-/Stief-/Bonusfamilien ist es von Bedeutung, dass alle gehört und gesehen werden. Ansonsten verlieren sich die Beteiligten in Ideen, wie etwas sein sollte, weil sie es selbst so erfahren haben oder gerade deswegen alles anderes machen möchten. Solange diese Gedanken unausgesprochen und ungehört bleiben, werden Sie sich Jahr für Jahr mit den gleichen Fragen beschäftigen.

Versuchen Sie sich mit der Vorstellung anzufreunden, eine ganz eigene Familientradition für Ihre neue Konstellation zu begründen, die Ihnen künftig eine Ferien- und Familienzeit ohne Stress und nervenaufreibende organisatorische Belange beschert. Viele Familien erfahren diesen Prozess als sehr positiv und sind überrascht, dass es eine ganz einfache Lösung geben kann, ohne die im Vorfeld erwarteten Konflikte. (Katharina Weiner, 30.12.2018)

Katharina Weiner ist Familienberaterin, Coach und arbeitet als Trainerin in der Elternbildung. Die Mutter einer Tochter leitet das Jesper-Juul-Familylab in Österreich.
Foto: Sven Gilmore