Der Vergleich mit fossilierten Knochen ergab: Diese Spuren muss ein Iguanodon hinterlassen haben.
Foto: Neil Davies

Cambridge – Die historische Grafschaft Sussex im Süden Englands war einer der Orte, an denen die paläontologische Erkundung des Dinosaurier-Zeitalters ins Rollen gekommen ist: Hier wurden im frühen 19. Jahrhundert die ersten Fossilien des berühmten Iguanodons entdeckt. Der acht Meter lange Pflanzenfresser aus der frühen Kreidezeit war einer der ersten Dinos überhaupt, die wissenschaftlich beschrieben wurden.

Nach einer Reihe weiterer Funde melden Forscher der Universität Cambridge nun einen ganz besonderen: Nahe Hastings in East Sussex legten die Paläontologen Fußspuren von Dinosauriern frei, die ebenfalls auf die frühe Kreidezeit zurückgehen. Sie sind so gut erhalten, dass man an manchen noch die Gewebestrukturen der Fußsohlen ablesen kann. Die Textur von Haut und Schuppen ist ebenso erhalten geblieben wie die kleinen Löcher, die die Krallen der hier durchspazierten Dinos im Boden hinterlassen haben.

Die Spuren lassen deutlich die Textur der Iguanodon-Haut erkennen.
Foto: Neil Davies

Wie Studienerstautor Anthony Shillito im Fachmagazin "Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology" berichtet, konnte man bei Grabungskampagnen von 2014 bis 2018 schon 85 Fußspuren identifizieren, die auf mindestens sieben verschiedene Spezies zurückgehen. Das macht den Fund zum bisher größten seiner Art in Großbritannien. Fleischfressende Theropoden haben sich hier ebenso verewigt wie große Pflanzenfresser, darunter einmal mehr das Iguanodon, aber auch Ankylosaurus, ein Stegosaurier-Verwandter und möglicherweise auch Sauropoden. Je nach Art reichen die Fußabdrücke von zwei bis 60 Zentimeter Größe.

Die Forscher vermuten, dass sich hier in der Kreidezeit eine Wasserstelle befand, wodurch der gleiche Effekt zustande kam wie heute bei Wasserlöchern in der Savanne: Verschiedenste Pflanzenfresser finden sich am selben Ort zum Trinken ein, und die Jäger folgen ihnen auf dem Fuß. Der Boden muss eine heikle Balance halten, um so etwas zu konservieren, berichtet Shillito. Er muss weich und klebrig genug sein, dass er Fußabdrücke zulässt, aber nicht so feucht, dass sie sich gleich wieder verwaschen. Diese Mischung tritt nur selten auf, entsprechend rar sind Funde wie dieser hier.

Dieser Abdruck stammt von einem kleinen Theropoden, die Spezies ist noch unklar.
Foto: Neil Davies

Shillito betont, dass man aus fossilen Fußspuren Dinge lernen kann, die man aus herkömmlichen Fossilien nicht erfährt: Sie ermöglichen Rückschlüsse darauf, welche Dino-Arten miteinander im selben Lebensraum existierten und welche besonders häufig waren. Zugleich lässt sich ablesen, ob es sich um soziale Tiere oder um Einzelgänger handelte.

In weiterer Folge will sich der Forscher aber noch einer etwas spezielleren Frage widmen. Man weiß, dass große Tiere ihre Umwelt beeinflussen – Flusspferde etwa können den Lauf ganzer Flüsse verändern, indem sie "Kanäle" graben. Ähnlich könnte es sich bei den noch massigeren Dinos verhalten haben, aber Belege dafür sind nur äußerst schwer zu finden. Immerhin wurden an dem nun entdeckten Dino-Verkehrsknotenpunkt auch die Überreste von Pflanzen entdeckt, die in besonders tiefen Fußabdrücken gewuchert sein müssen: ein erster Hinweis darauf, wie die Dinosaurier ihren Lebensraum umgestalteten. (jdo, 18. 12. 2018)