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Seit Jahren matcht sich Max Schrems mit Facebook, künftig will er sich aber auch anderen Datenschutzthemen widmen.

Foto: Reuters

Wer sehen will, wie langsam die Mühlen der Justiz mahlen können, sollte sich den Prozess von Max Schrems gegen Facebook zu Gemüte führen. Vor viereinhalb Jahren wurde die Klage zur Datensammelwut des sozialen Netzwerks erstmals eingebracht, und erst diesen Montag kam es zur zweiten Verhandlung. Deren Ergebnis ist wohl ein weiterer Instanzenzug, sodass man vor der allerersten inhaltlichen Auseinandersetzung wohl schon das fünfte Jahr des Prozesses schreiben wird.

Zur Vorgeschichte: Schrems wollte im August 2014 eine Sammelklage gegen Facebook initiieren. Das Handelsgericht Wien verwies ihn an das Landesgericht, das bestritt die Frage der Zuständigkeit, sodass das Oberlandesgericht, der Oberste Gerichtshof und schlussendlich der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasst wurden.

Der entschied im Jänner 2018, dass Schrems zwar keine Sammelklage, wohl aber eine Musterklage einreichen könne.

Nun also der zweite Verhandlungstag am Montag. Der Andrang ist überschaubar. Facebook hat inzwischen die Kanzlei gewechselt; ein paar Studenten und Rechtsanwaltsanwärterinnen haben sich zur Beobachtung eingefunden. Ein Pressefotograf fragt jeden einzelnen Anwesenden, ob er Max Schrems sei; dann geht es um Punkt 11 Uhr 30 los. Eine halbe Stunde später ist die Verhandlung auch schon wieder vorbei.

Was ändert die DSGVO?

Da die Welt für Schrems' Prozess nicht stillgestanden ist, haben sich in der Zwischenzeit die gesetzlichen Vorgaben geändert. So wurde beispielsweise die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eingeführt. Deshalb ist eine Klagsänderung notwendig.

So argumentiert Facebook, dass nun die irische Datenschutzbehörde zuständig sei – also keine österreichischen Gerichte. Darüber muss das Landesgericht jetzt erneut entscheiden; beide Seiten haben klargemacht, dass sie diese Entscheidung anfechten werden. Es droht also der nächste "endlose Gang durch die Instanzen", wie Schrems nach der Verhandlung kommentiert. Die Richterin verspricht, dass es nun zu keiner "wahnsinnigen Verzögerung" kommen werde; so dürfte dieses Mal der EuGH außen vor gelassen werden.

Es sei "absurd", dass Facebook sogar so weit ginge, eine Klage als verfassungswidrig zu bezeichnen, sagte Schrems im Anschluss an die Verhandlung. Die neuerliche Verzögerung war zwar erwartet worden, frustrierte den Datenschützer aber dennoch spürbar.

Dabei hat Schrems schon öfter langen Atem bewiesen. Mehrere Vorstöße gegen Facebook waren bereits erfolgreich. So konnte Schrems das transatlantische Datenabkommen Safe Harbor vor dem EuGH kippen, da er argumentierte, Facebook würde Daten europäischer Nutzer an US-Geheimdienste weitergeben. Mit seinen Prozessen hat Schrems auch aufgezeigt, wie schwierig es für einfache Konsumenten ist, sich gegen international agierende Konzerne zu wehren.

Abgeschwächte Version

Das dürfte mit ein Grund dafür gewesen sein, dass die europäische Politik mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eine umfassende Erneuerung der Datenschutzrichtlinien eingeführt hat. Sie ist seit Ende Mai in Kraft, wenngleich Österreich auf nationaler Ebene eine etwas abgeschwächte Version beschlossen hat. So gilt hierzulande für die Datenschutzbehörde die Devise "Beraten statt strafen", während die DSGVO prinzipiell Bußgelder vorsieht.

Bislang halten sich die Beschwerden nach der DSGVO in Österreich aber in Grenzen. Der aktuelle Facebook-Prozess dürfte hier als eine Art Musterklage gelten, der das neue Datenschutzgesetz austestet.

Schrems will seine Aktivitäten nun in die von ihm mitgegründete Datenschutzorganisation Noyb (None of your business), die durch Crowdfunding finanziert worden ist, verlagern. Speziell durch die Datenschutzgrundverordnung sind hier neue Spielräume entstanden. Facebook steht hingegen auch abseits der Prozesse des Datenschützers Schrems wegen seiner Sammelwut und wegen mangelnder Sorgfalt mit Nutzerdaten im Fokus. So sorgte der Skandal rund um die Politberatungsfirma Cambridge Analytica, die widerrechtlich auf Daten von bis zu achtzig Millionen Nutzer zugegriffen hatte, im Frühjahr für einen globalen Aufschrei. Seitdem trudeln nahezu im Wochentakt neue Meldungen über Sicherheitspannen bei Facebook ein.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg sowie Vize Sheryl Sandberg gerieten deshalb zusehends unter Druck. Ihr Konzern reagierte auf die Krise mit einer negativen PR-Kampagne, die auch den Philantropen George Soros kritisierte. Nun drohen neue Untersuchungen. (Fabian Schmid, 17.12.2018)