Premierministerin Theresa May sucht immer noch nach einer Mehrheit für den Brexit-Deal, den sie mit der EU ausverhandelt hat. Ihr Kabinett intensiviert offenbar die Vorbereitungen für einen Austritt ohne Abkommen.

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London – Nicht nur aufseiten der EU, sondern auch in London laufen nun Vorbereitungen für einen Brexit ohne Abkommen. Noch am Wochenende hatte sich Premierministerin Theresa May geweigert, über einen Plan B in diese Richtung zu sprechen. Am Dienstag ging es bei einer Kabinettssitzung aber genau darum. Die Regierung habe sich darauf verständigt, entsprechende Pläne zu intensivieren, sagte Mays Sprecher Stephen Barclay.

Laut BBC wurden zwei Milliarden Pfund (rund 2,23 Milliarden Euro) dafür bereitgestellt sowie 140.000 Briefe an Unternehmer versandt. 3.500 Soldaten würden für den Krisenfall in Bereitschaft versetzt werden, um auf "alle Eventualitäten" vorbereitet zu sein, wie Verteidigungsminister Gavin Williamson ankündigte. Zudem sollen Vorkehrungen getroffen werden, um auf Schiffen Platz für die Lieferung von medizinischen Gütern und anderen Waren nach Großbritannien zu schaffen.

Deal für Regierung wahrscheinlicher

Den Ministern wurden bei der Sitzung offenbar drei Optionen vorgelegt: die Vorbereitungen für ein No-Deal-Szenario zu reduzieren, sie auf dem derzeitigen Niveau zu halten oder sie zu verstärken. Bereits vorab wurde erwartet, dass sich das Kabinett für Letzteres entscheidet. Das wahrscheinlichste Szenario bleibe aber ein EU-Austritt mit einem Abkommen, betonte Mays Sprecher Barclay.

Denn auch wenn nun feststeht, dass in der dritten Jännerwoche im Unterhaus abgestimmt wird, ist May immer noch weit von einer Mehrheit für ihren Deal entfernt. Die EU-27 hatten bereits zuvor Pläne für den Fall eines Brexits ohne Abkommen angekündigt, am Mittwoch will die EU-Kommission konkrete Maßnahmen im Rahmen eines Informationsdokuments vorlegen.

Symbolischer Misstrauensantrag

Zudem steht Mays Regierung vor einer weitere Kraftprobe im Unterhaus, wenn auch nur einer symbolischen: Oppositionsführer Jeremy Corbyn kündigte wegen des erst im Jänner stattfindenden Votum einen Misstrauensantrag im Parlament an – allerdings nicht gegen die Regierung, sondern nur gegen Premierministerin May. Eine solche Abstimmung kann May allerdings nicht stürzen, eine Niederlage wäre aber eine Bloßstellung für die bereits geschwächte Premierministerin.

Auch wenn der Labour-Chef Neuwahlen anstrebt, will er den Schritt eines Misstrauensvotums gegen die gesamte Regierung nicht gehen, weil das Risiko einer Niederlage offenbar zu groß ist. Corbyn brauchte für eine Mehrheit Stimmen aus den Reihen der konservativen Tories. Zahlreiche Tory-Hardliner sind zwar gegen May und den von ihr mit der EU ausgehandelten Deal. Neuwahlen, die womöglich die Opposition an die Macht bringen, befürworten sie allerdings auch nicht. (red, 18.12.2018)