Wie auf diesem Archivbild aus dem Jahr 2003 wurden die ÖBB im Zuge der KV-Verhandlungen auch heuer bestreikt.

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Wien – Der von den Gewerkschaften ausgerufene "heiße Herbst" habe "sicher harte Lohnrunden, aber nichts, was komplett aus dem Rahmen fällt", gebracht, sagte der Arbeitsmarktexperte Thomas Leoni vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) im Ö1-"Mittagsjournal" am Dienstag. Die Ergebnisse seien im Rahmen dessen ausgefallen, was aufgrund der guten Konjunktur argumentierbar gewesen sei.

"Es waren sicherlich harte Verhandlungen mit vielen Lohnrunden und besonders scharfen Tönen, aber die Eskalation war dann doch endend wollend", sagte der Wirtschaftsforscher. Schlussendlich habe es nichts gegeben, das über Warnstreiks hinausgegangen sei. Die Abschlüsse seien insgesamt "gut belegbar und argumentierbar" gewesen.

Neben den medial stark behandelten Abschlüssen der Metaller, bei der Bahn und im Handel habe es in den vergangenen zwei Wochen 20 weitere Abschlüsse gegeben, die ebenfalls ähnliche Ergebnisse geliefert hätten, sagte Leoni. Vor allem im Rahmenrecht haben die Gewerkschaften nach Ansicht des Wifo-Experten einige Punkte durchsetzen können: "Hier dürfte der Druck durchaus Wirkung gezeigt haben." Der Abschluss im Handel sieht etwa einen Rechtsanspruch auf eine Viertagewoche sowie auf Altersteilzeit und Bildungskarenz vor.

Verhandlungsmacht demonstrieren

Den Gewerkschaften ist es nach Einschätzung von Leoni aber auch um einen grundsätzlichen Punkt gegangen: Nachdem sie sowohl beim Arbeitszeitgesetz mit dem Zwölfstundentag als auch bei der Reform der Sozialversicherungsträger im eigenen Handlungsspielraum eingeschränkt wurden, hätten die Gewerkschaften aufzeigen wollen, dass sie Verhandlungsmacht besitzen, sagte der Wifo-Forscher. Die Arbeitnehmervertreter seien hier "aus einer Defensivposition sehr bemüht gewesen, Kraft und Aktion zu zeigen". Das sei zum Teil auch gelungen.

Auch bei den lange stockenden Verhandlungen bei der Bahn hat der Aspekt nach Einschätzung des Arbeitsmarktexperten eine wichtige Rolle gespielt: "Da ist von der Arbeitgeberseite der Vorschlag gekommen, dass man einseitig die Löhne erhöht und da geht es wiederum nicht so sehr um Inhalt, als einfach darum, dass man dadurch eine bestimmte Gepflogenheit der sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit infrage stellt." Das habe die sehr starke Reaktion mit Warnstreiks nach sich gezogen. (APA, 18.12.18)