João de Deus bezeichnet sich selbst als Medium, das durch Handauflegen heilt.

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Für seine Anhänger ist er Gott. Sie kommen zu dem selbsternannten Wunderheiler, wenn es woanders keine Hoffnung mehr zu geben scheint. Mehr als tausend Menschen pilgern jeden Tag nach Abadiânia, einem verlassenen Städtchen im Inneren des brasilianischen Bundesstaates Goiás. Dort hat João Teixeira de Faria ein spirituelles Imperium aufgebaut und damit ein Vermögen gemacht. Unzählige Menschen will Faria, der sich João de Deus (Johannes von Gott) nennt, schon von ihren Leiden befreit haben. Sogar TV-Talkqueen Oprah Winfrey, Supermodel Naomi Campbell, Hollywoodstar Shirley MacLaine und Brasiliens Noch-Präsident Michel Temer hofften auf ihn.

Doch der Mythos des Wunderheilers ist zerplatzt: Rund 500 Frauen haben gegen Faria Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs eingebracht. Nachdem Faria mehrere Tage untergetaucht war, stellte er sich nun der Polizei und sagte: Er begebe sich in die göttlichen Hände und die der irdischen Justiz.

500 Anzeigen

Die Geschichte des millionenschweren Heilers, der nur zwei Jahre zur Schule ging und keine medizinische Ausbildung hat, bewegt ganz Brasilien. Vor wenigen Tagen strahlte der TV-Sender O Globo einen Beitrag aus, in dem zwei Frauen Missbrauchsvorwürfe gegen den Wunderheiler erheben. Binnen weniger Tage gingen bei der Polizei 500 Anzeigen ein. Die Aussagen der Frauen seien glaubwürdig, denn es gebe viele Übereinstimmungen, sagte Polizeichef André Fernandes.

Meist jüngere Frauen seien zu einer individuellen "Reinigung" in einen anderen Raum gebeten worden. Dort habe Faria sie dann zu oralem Sex gezwungen oder sie hätten ihn befriedigen müssen – immer mit dem Hinweis, dies sei Teil der "Heilung". Einige Frauen wurden vorher in Trance versetzt. Auch Minderjährige sollen so sexuell missbraucht worden sein. Der 76-Jährige selbst sagt, er sei unschuldig, und sieht sich als Opfer. "Sie alle wollen mich zerstören", klagte er vor TV-Kameras.

Tochter klagt an

Dabei sind die Missbrauchsvorwürfe gegen den neunfachen Familienvater nicht neu. Jetzt aber hat sogar seine eigene Tochter Dalva Teixeira gegen ihn ausgesagt. "Er hat mich immer wieder verprügelt und missbraucht, seitdem ich zehn Jahre alt war. Mit 14 Jahren konnte ich fliehen", sagt die heute 49-Jährige.

Die Methoden von Faria sind so unheimlich wie schwer durchschaubar. Er residiert auf einem Thron, ganz in Weiß gekleidet, und seine Jünger defilieren an ihm vorbei. Seine Energie überträgt sich nach eigener Aussage durch Handauflegen. In ihm sollen 30 bekannte Ärzte und antike Philosophen weiterleben. In seinem spirituellen Zentrum werden aber auch physische Eingriffe durchgeführt. Faria fuchtelt mit Scheren in den Nasen seiner Jünger herum, kratzt mit Messern an der Augenhornhaut und schneidet in den Bauch. Seine Fans versichern, dass sie keine Schmerzen spüren, was Ärzte bezweifeln. Mehrfach musste er sich vor Gericht wegen Scharlatanerie verantworten.

Gesegnetes Wasser trinken

Dabei ist das Geschäft mit den Geisterheilungen sehr einträglich. So müssen seine Jünger zuvor gekauftes gesegnetes Wasser trinken oder aus Passionsfrüchten hergestellte Kapseln nehmen. Auch das sogenannte Lichtbad kommt kostenpflichtig zum Einsatz. Allein mit dem Verkauf dieser Heilmittel und von Artefakten nimmt Faria jährlich fast neun Millionen Euro ein. Darüber hinaus gehört dem Wunderheiler fast ganz Abadiâna. Mehr als 28 Immobilien nennt er sein Eigen, dazu zählen auch Hotels, in denen seine Jünger untergebracht sind. Er besitzt ein Privatflugzeug, mehrere Farmen und ist Mitbesitzer einer Goldmine.

Offenbar traut der Heiler aber seinen eigenen Geistern nicht. Als 2015 bei ihm Magenkrebs diagnostiziert wurde, begab er sich nach São Paulo in die Hände der konventionellen Medizin. In der angesehenen Privatklinik Sírio-Libanês wurde er operiert, und er unterzog sich danach einer fünfmonatigen Chemotherapie. Den Krankenhausaufenthalt verschweigt er vor seinen Jüngern. (Susann Kreutzmann aus São Paulo, 19.12.2018)