"Das wollte ich auch einmal machen!" – Dieser Satz ist eine häufige Reaktion, wenn man sich als Archäologin vorstellt. Die Frage "Warum haben Sie es nicht getan?" liegt einem da durchaus auf der (spitzen) Zunge, aussprechen tut man sie – fast – nie. Umgekehrt gefragt: Warum studiert man Archäologie? Unschuldiges Interesse wird zu Faszination, oft gewürzt mit einem leichten Hauch von Besessenheit – ein Rezept, das einem wenig Spielraum lässt. Ganz gewiss wird man nicht Archäologe oder Archäologin, weil man sich von dieser Berufswahl eine materiell goldene Zukunft erhofft. So viel ist jedem klar. Wenige feste Anstellungen, prekäre Arbeitsverhältnisse und ein sehr moderates Einkommen können schon abschrecken und deshalb stellt man sie auch nicht die eingangs erwähnte Frage.

Immerhin, jede Gesellschaft entscheidet selbst, wie viel ihr die Erforschung und Vermittlung ihrer Vergangenheit wert ist. Die Bewertung mag einem gefallen oder auch nicht, man trifft deswegen oder eher trotzdem seine Berufswahl, gibt im Falle des archäologischen Werdegangs der Begeisterung den Vorzug vor manch anderem. Teil dieser Begeisterung ist bei vielen Archäologinnen und Archäologen auch der Wunsch, die ausgegrabene Vergangenheit denen zu offerieren, denen sie gehört: also allen. Nur ja kein elitäres Forschen im Elfenbeinturm, kein hochwissenschaftliches Murmeln unter der Kollegenschaft (jedenfalls nicht dauernd). Wir sind Erforschende, Offenlegende und Vermittelnde, keine Besitzenden, keine verstaubten Hüterinnen und Hüter. Im Rahmen unserer Möglichkeiten und vor allem der Möglichkeiten der hinter uns stehenden Institutionen bemühen wir uns weiterzugeben und zugänglich zu machen – auf verschiedensten Ebenen.

Personelle Vermittlung und ganz persönliche Hilfeleistung

Der intensivste und "nachhaltigste" Kontakt mit Archäologie, den Laien zum Beispiel bei der Stadtarchäologie Wien haben können, ist mit Sicherheit die freiwillige Mitarbeit. Wenn Engpässe auftreten, egal wo und wie, ist die Bitte um unbezahlte Unterstützung oft der einzige Ausweg. An Arbeit mangelt es in der Archäologie nie, an Geld … nun ja. Nichtsdestotrotz ist die Unterstützung durch Laien ein zweischneidiges Schwert. Es hat Gründe, warum man sich durch eine jahrelange Ausbildung kämpft und nebenbei so viel an praktischer Erfahrung und Wissen ansammelt, wie nur möglich, bevor man sich Archäologe oder Archäologin nennen darf. Diese Werkzeuge eignet man sich nicht über Nacht an. Wer es ernst meint mit der Unterstützung, muss bereit sein zu lernen. Und: Er darf nicht glauben, dass Archäologie ausschließlich aus Ausgrabungen besteht.

Ein hoher und arbeitsintensiver, wenn auch leider etwas unsichtbarer Teil der Arbeit geschieht "drinnen". Funde waschen, beschriften, aufnehmen, interpretieren und so weiter – das schafft es kaum bis in die Medien. Dort sieht man uns immer nur "im Feld", nicht "im Depot", wo wir zwischen Materialbergen reichlich schlecht Luft bekommen. Wer sich hierher verirrt, hier mithilft, lernt schnell diese Seite des Jobs in ihrer ganzen Vielfalt kennen.

Wir mögen die Hilfe oft dringend brauchen, aber wir sind stolze Bettler, stolz darauf, in diesem Rahmen so viel von unserem Wissen weiterzugeben, wie es nur möglich ist. Jedes neue Fundsackerl, das man aufmacht, ist eine Welt in sich, in die mit man "seinen" Freiwilligen eintaucht, teilt, was man weiß, und bespricht, welche neuen Fragen sich auftun. Wissen im Austausch gegen Unterstützung, "Hands-on" als Gegenleistung für kleine Handreichungen und großes Kistenschleppen.

Die Initiative "Seniorarchäologie" – freiwillige Mitarbeit in der Stadtarchäologie Wien.
Foto: Stadtarchäologie Wien

Zeitreise

Auch nicht unintensiv, aber weniger kraftraubend für interessierte Laien sind da (Stadt-)Führungen und Vorträge, kurze und klar definierte Zeitreisen. Im besten Fall gehen Geschichts- und Archäologieinteressierte nach Hause und sehen "ihre" Stadt mit anderen Augen, nehmen "etwas" mit. Abgesehen von dem frontalen Bespielen bieten sich bei solchen Veranstaltungen auch genug Gelegenheiten, Fragen zu stellen, sich weiter zu informieren. Wichtig ist, dass das Angebot hier alle Altersgruppen umfasst. Wir arbeiten ebenso mit Schulklassen wie mit Pensionistenvereinen, und wir versuchen, keine Standardprogramme anzubieten, sondern zum Beispiel im Gespräch mit Lehrerinnen und Lehrern festzulegen, was am interessantesten für die Klasse sein könnte. Maßgeschneiderte personelle Vermittlung sozusagen.

Führung in der Wiener Innenstadt.
Foto: Stadtarchäologie Wien

Damit es nicht zu trocken wird beziehungsweise um Schulen die Möglichkeit zum möglichst selbstständigen Arbeiten zu geben, wurden schon vor Jahren zwei tragbare "Minimuseen" zu den Römern und zum Mittelalter zusammengestellt. Die Archäologiekoffer beinhalten Originalfunde und Kopien sowie Infomaterial und können von Schulen ausborgt werden.

Mobile Museumskoffer für Schulen.
Foto: Stadtarchäologie Wien

Mediale Vermittlung – Archäologie zur Entspannung

Zeitweise ist Archäologie ein einsames Geschäft, doch nicht, weil wir den Kontakt zu freiwilligen Helfern scheuen. Ganz im Gegenteil, wir sprechen auch gerne über die unspektakulären Aspekte unserer Arbeit. Zu diesen zählen das Zeichnen, Beschreiben, Fotografieren, Bestimmen und Datieren der Funde, die Suche nach Vergleichbarem, das Füttern von Datenbanken sowie die Erstellung und Interpretation von Plänen. Bevor wir Geschichte(n) schreiben können, heißt es Daten sammeln und analysieren, Fund und Befund vernetzen und in einen kulturhistorischen Kontext bringen! Spezialistentum eben. Dabei könnten wir für manches durchaus Hilfe gebrauchen. Doch um, zum Beispiel, ein guter Zeichner archäologischer Funde zu werden, benötigt es neben Talent auch jahrelanger Übung. Vielleicht ist Ihnen beim Lesen dieser Zeilen noch etwas anderes aufgefallen: Archäologinnen und Archäologen verbringen viel Zeit vor dem Computer. Das ist nicht jedermanns Sache, und nur wenige Freiwillige beherrschen die notwendigen Bildbearbeitungs-, Grafik- und CAD-Programme. Anderes, wie Literaturrecherche, Nachdenken und Texterstellung, lässt sich nur allein in den Weiten einer Bibliothek oder im stillen Kämmerlein erledigen.

In vornehmes Schweigen hüllen wir uns trotzdem nicht. Die Stadtarchäologie Wien kommuniziert kleine Happen Wiener Stadtgeschichte, Aktuelles, Überraschendes und Einblicke in den Arbeitsalltag seit 2016 über einen Blog. Unsere Website bietet darüber hinaus Tiefgehendes zu besonderen Funden, Ausstellungen zum Nachlesen und einen mit rund 800 römischen Lampen bestückten Onlinekatalog. Auf Facebook sind wir natürlich auch zu finden.

Trotzdem: Das Buch ist der Archäologieforschenden bester Freund. Wir schreiben viel und zielgruppenorientiert. Der krönende Abschluss der Auswertung einer Grabung ist natürlich eine gewichtige Monografie, die – wir geben es gerne zu – in erster Linie für die Fachkollegenschaft von Interesse ist. Kürzere Artikel kommen in "Fundort Wien", dem Jahresbericht der Stadtarchäologie, unter. Wir wollen an unseren Erkenntnissen zur Stadtgeschichte jedoch alle teilhaben lassen. Dafür gibt es die populäre Reihe "Wien archäologisch". Klein, bunt und vielfältig, ist sie der ideale Begleiter für Erkundungstouren durch Wien aus archäologischer Sicht – ganz bequem vom Sofa aus. Der Bogen der bisher veröffentlichten Bände spannt sich von der Geschichte bekannter Fundorte wie dem Michaelerplatz über Archäozoologie und die Erforschung von Industriedenkmälern bis zu Lebensnotwendigem wie Wasser, Licht und Wärme. Die meisten dieser Bücher entstanden im Verlauf der Arbeit an Ausstellungen. Ja, auch dieses Mediums bedienen sich Archäologinnen und Archäologen gerne und – sofern man ihnen die Möglichkeit gibt – ausgiebig. Sonderausstellungen in einem Museum gehören zu den Klassikern.

Ausstellung der Stadtarchäologie Wien im Römermuseum am Hohen Markt.
Foto: Stadtarchäologie Wien

Aber auch andere Orte bieten sich an: Vitrinen in öffentlichen Gebäuden, Gänge in Volkshochschulen, Beteiligungen an Events et cetera. Natürlich können nicht immer und überall Originalfunde gezeigt werden. Dafür ist an vielen Orten der Eintritt frei, schließlich soll Stadtgeschichte auch sozial inklusiv sein.

Posterausstellung in der VHS Meidling.
Foto: Stadtarchäologie Wien

Fazit

Keine Frage, Archäologie ist eine abwechslungsreiche Berufung. Die meisten Archäologinnen und Archäologen brennen für ihr Fach und geben ihr Wissen gerne weiter. Langfristig gesehen waren dennoch alle, die heute sagen "Das wollte ich auch einmal machen", aber, anstatt ihrer Leidenschaft zu frönen, einen gut bezahlten Brotjob ergriffen haben, schlauer. (Ingeborg Gaisbauer, Christine Ranseder, 20.12.2018)