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Zebrafisch-Larven sehen aufgrund ihrer Transparenz schon recht flüssig aus. Dass sie sich während ihrer Entwicklung tatsächlich zumindest teilweise verflüssigen, haben nun Wissenschafter bestätigt.

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Im Verlauf der Embryonalentwicklung von Zebrafischen verlieren Zellen dabei während der Verflüssigung (links) den Kontakt zueinander. Zellen bleiben in engem Kontakt, wenn die Verflüssigung beeinträchtigt ist (rechts).

Foto: Nicoletta Petridou

Wien – Zebrafische leben nicht nur in einer Flüssigkeit, sie verflüssigen im Verlauf ihrer Entwicklung auch teilweise ihr Innenleben – ein Prozess, der als Fluiditätsübergang bezeichnet wird und von dem bisher unklar war, ob er tatsächlich existiert. Nun konnten Wissenschafter vom Institute of Science and Technology Austria (IST) diesen Vorgang erstmals nachweisen.

Zebrafische eignen sich besonders gut für die Untersuchung der Entwicklung von Tieren, da ihre Embryonen transparent sind und sich außerhalb der Mutter entwickeln. Zu Beginn der Zebrafisch-Entwicklung breitet sich eine Gewebeschicht, das so genannte Blastoderm, über das Dotter aus. Das Blastoderm ändert dabei seine Form und bildet eine Kuppel, daher wird dieser Prozess als "Doming" bezeichnet. In der vorliegenden Studie untersuchte ein Team um Nicoletta Petridou vom IST Austria gemeinsam mit Kollegen um Guillaume Salbreux vom Francis Crick Institute die mechanischen Kräfte, die während dieser Formänderung wirken.

Indem sie durch eine Pipette Druck auf das embryonale Gewebe ausübten und maßen, wie schnell es sich verformt, konnten die Forscher ableiten, wie viskos oder flüssig das Gewebe ist: Gewebe, das sich langsam verformt, ist viskoser als Gewebe, das sich schnell verformt. Tests zu mehreren Zeitpunkten in verschiedenen Regionen des sich entwickelnden Embryos zeigten, dass das Gewebe während des Doming zu einem bestimmten Zeitpunkt und nur in einer Geweberegion plötzlich flüssig wird. "Ein solcher Fluiditätsübergang wurde von Theorie und Modellen vorhergesagt, aber hier zeigen wir zum ersten Mal, dass er in einem echten, lebenden Organismus stattfindet", sagt Petridou.

Warum und wie wird Zebrafischgewebe flüssig?

Im "normalen" viskosen Gewebe stehen die Zellen in engem Kontakt miteinander. Die Wissenschafter fanden heraus, dass der Fluiditätsübergang stattfindet, weil sich die Zellen während der Entwicklung immer weiter teilen. Während der Teilung werden die Zellen rund und lösen sich von ihren Nachbarn. Je mehr sich die Zellen teilen, desto mehr Verbindungen gehen zwischen ihnen verloren. Schließlich verlieren sie so viele Kontakte, dass das Gewebe letztlich flüssig wird. "Das ist eine mechanische und keine biochemische Veränderung", erklärt Petridou, "Der Embryo ist programmiert, sich zu teilen, er kann ihm nicht entkommen."

Alle Zellen im Embryo teilen sich jedoch, und die Forscher beobachteten, dass nur eine sehr spezifische Region des Gewebes, die zentrale Region des Blastoderms, flüssig wird. Daher suchten sie nach einem Vorgang, der andere Bereiche des Embryos daran hindern würde, flüssig zu werden. Ein bestimmter Signalweg, der nicht-kanonische Wnt-Signalweg, stoppte die Fluiditätsänderung an den Rändern des Embryos, berichten die Wissenschafter im Fachjournal "Nature Cell Biology". "Nichtkanonische Wnt-Signalwege halten die Zellen in Verbindung und ermöglichen es dem Rand des Embryos, die Verflüssigung zu umgehen. Wir denken, dass der Default des Gewebes der ist, flüssig zu werden, aber die Signale verhindern es in bestimmten Bereichen", sagt Petridou.

Echter Phasenübergang?

Der sehr plötzliche Übergang von viskos zu flüssig im Blastoderm ähnelt einem bekannten physikalischen Konzept, dem Phasenübergang. "Phasenübergänge, wie beispielsweise beim Kochen von Wasser, treten plötzlich auf. Wir bezeichneten das bei Zebrafischen beobachtete Phänomen als "Fluiditätsübergang", da wir nicht sicher sind, ob es sich tatsächlich um einen Phasenübergang im wahrsten Sinne der Physik handelt", erklärt Petridou, "aber wir arbeiten weiter daran zu definieren, ob es sich um einen echten Phasenübergang handelt." (red, 26.12.2018)