Jede Zeit hat ihre Charcuterie-Produkte, und die Pastete wirkt ein wenig aus der unsrigen gefallen. Schon optisch entspricht sie eher dem ästhetischen Ideal der Barockmalerei, und während bei der hausgeräucherten Speckseite oder dem gepökelten Nacken von seltenen, alten Schweinerassen der gerade sehr angesagte Terroir-Gedanke, ähem, mitverwurstet werden kann, zelebriert die Pastete beziehungsweise ihr Macher eher altmodisches, pingelig-perfektionistisches Handwerk.

Ich gestehe, die Pastete ebenfalls lange eher ignoriert und wenig gewürdigt zu haben – bis ich heuer ein paar Tage in Beaune und Lyon (1) verbringen durfte. Dort hat jede bessere Fleischerei eine große Vitrine voll prächtiger Terrinen, Pasteten und Sulzen: Zart glänzende Kuppeln von Jambon Persillé, wabernde Schweinsfüße in Aspik, üppig-rustikale Pâté de campagne oder goldgelb gebackene Pâté en croûte stehen da wie Geschmeide in einer Juweliersvitrine.

Foto: Tobias Müller

Manche sind noch ganz, andere schon angeschnitten, sodass die Kunden grüne Pistazien, bernsteinfarbenes Aspik, weiße Haselnüsse oder rosa Gänseleberkerne leuchten sehen. Neben Schwein und Kalb werden stets auch saisonale Delikatessen wie Wildhase und Fasan verarbeitet. Das alles ist dort keine gefeierte Seltenheit, sondern ganz normal.

Ich habe mehrmals begeistert zugeschlagen, an fünf Tagen dreimal gepicknickt und mir fest vorgenommen, auch außerhalb Frankreichs künftig nicht ganz auf solch wunderbare Dinge zu verzichten. Weil die Pastete bei uns selten geworden ist, heißt das, sie gelegentlich selbst zu machen – das ist ein wenig aufwendig, aber enorm befriedigend. Wenn Kochen die Kunst ist, die Natur köstlicher zu machen, aus wenig viel, aus geschmacklich Mittelmäßigem Großes zu schaffen, dann wird dieser Anspruch selten mehr erfüllt als bei einer Pastete oder einer Pâté.

Picknick mit Pastete.
Foto: Tobias Müller

Die Zeit um Weihnachten und Silvester ist für dieses Vergnügen ideal: Der Winter ist die Pastetenhochsaison und die große Festtafel ihr natürlicher Lebensraum: Sie ist spektakulär anzuschauen und gleichzeitig schnell und problemlos aufgeschnitten und serviert, sodass auch der Koch oder die Köchin jede Menge Zeit und Muße hat, mitzuessen und seine bewundernden Komplimente zu empfangen.

Ich durfte heuer für eine Weihnachtsfeier gleich zwei Pasteten backen, gemeinsam mit der großartigen Nora Kreimeyer und ihrem Mann Sebastian Lippay, die sich mit uns in Lyon in Pasteten verliebt haben. Dem festlichen Anlass entsprechend und weil wir so richtig auf den Putz hauen wollten, haben wir uns für eine Pâté en croûte Richelieu entschieden – eine besonders prächtige Pastete im Teigmantel mit Foie-Gras-Einlage. Beim zweiten Mal ist sie uns schon ziemlich gut – und vergleichsweise schnell – gelungen.

Pâté en croûte "Richelieu" – nach Nora, mir und dem schönen Buch "Charcuterie"

Selbst mit ein bisschen Übung sollten Sie sich für eine Pâté Richelieu schon einen Vormittag Zeit nehmen, alles in allem zieht sich die Zubereitung über zwei bis drei Tage. Das Endprodukt hält sich im Kühlschrank leicht eine Woche, und länger noch, wenn es noch nicht angeschnitten ist. Der Teig, die Foie Gras und die Gewürzmischung lassen sich sehr gut vorbereiten und entweder über Nacht kalt stellen oder einfrieren. Dann müssen Sie nur mehr Ihre Farce herstellen, die Pastete in die Form füllen und backen. Außer einer Terrinenform brauchen Sie leider einen Fleischwolf.

1. Der Teig

Wir sind hier sehr genau dem Charcuterie-Rezept gefolgt, bloß dass wir beim zweiten Mal den Teig nicht mehr mit Eigelb eingepinselt haben – die Farbe hat uns ohne Ei besser gefallen. Allerdings war der Teig jener Teil der Pastete, der uns am wenigsten überzeugt hat. Er lässt sich allerdings sehr gut einfrieren – er wird dadurch höchstens noch besser.

235 Gramm Mehl

17 Gramm Milchpulver (für die schöne Teigfarbe)

11 Gramm Salz

84 Gramm Butter

1 großes Ei

75 Milliliter Milch

5 Milliliter Essig

Mehl, Milchpulver und Salz verrühren und die Butter Stück für Stück einmixen. Milch, Ei und Essig mischen und zum Mehl geben. Kneten oder mixen, bis sich ein kompakter Teig formt. In Plastikfolie im Kühlschrank mindestens eine Stunde rasten lassen.

2. Die Foie Gras

Kaufen Sie entweder bereits eine fertige Terrine, folgen Sie dieser Anleitung oder marinieren Sie die rohe Leber kurz in Madeira und legen die Stücke dann einfach in die Pastete ein.

3. Die Gewürzmischung

4 Gramm Nelken

4 Gramm Muskatnuss

3 Gramm getrockneter Ingwer

3 Gramm Koriandersamen

6 Gramm Zimt

10 Gramm Pfeffer

Alle Gewürze kurz in der Pfanne rösten und dann in einem Mörser zu einem Pulver mahlen. In einen luftdichten Behälter packen und nicht zu lange aufheben.

Foto: Tobias Müller

4. Die Farce

Wie immer beim Wursten gilt: Arbeiten Sie so kalt wie möglich, um eine gute Emulsion von Fett und Flüssigkeit zu bekommen. Frieren Sie das Fleisch und das Fett vor dem Faschieren kurz ein und legen Sie auch die einzelnen Teile des Fleischwolfs und die Schüssel in den Tiefkühler.

2 Knoblauchzehen, gehackt

4 Schalotten, gehackt

250 ml Madeira

30 ml Brandy

60 ml Milch

2 Scheiben altes Weißbrot ohne Rinde, in Stücke gerissen

420 Gramm Schweinefleisch, etwa von der Schulter

300 Gramm Rückenspeck vom Schwein

8 Gramm Pâté-Gewürz

etwas Pökelsalz (optional, für die Farbe)

Milch und Brot gut verkneten und in den Kühlschrank stellen.

Fleisch und Fett in mindestens fingerlange, etwa zwei Finger dicke Streifen schneiden (so wird es vom Fleischwolf besser eingezogen als in Würfelform) und in eine Schüssel faschieren.

Foto: Tobias Müller

Brot-Milch-Mischung ebenfalls durch den Fleischwolf lassen und zum Fleisch geben. Schalotten und Knoblauch in etwas Öl kurz anbraten und dann zur Farce geben. Ordentlich salzen und die Gewürzmischung dazugeben.

In einem Mixer beziehungsweise einer Küchenmaschine mit dem Paddelaufsatz rühren, bis eine cremige Emulsion entsteht, etwa drei Minuten. Ein Stück kosten und die Würzung überprüfen. Nochmals kalt stellen.

5. Das Füllen

Den Teig möglichst rechteckig ausrollen und mit der Pastetenform prüfen, ob er groß genug ist: Alle vier Seiten müssen nebeneinander darauf passen, oben und und unten muss genug Platz für die Schmalseiten sein.

Foto: Tobias Müller

Die Pastetenform einfetten oder mit Sprühöl einsprühen. Den Teig vorsichtig wie eine Ziehharmonika zusammenlegen, dann in die Form heben und auffalten. Überschüssigen Teig zu einem kleinen Ball formen und damit den Teig in die Ecken der Form pressen.

Etwa ein Drittel der Farce in die Form füllen, dann die Foie Gras einlegen und eventuell mit Nüssen bestreuen.

Diese beiden Fotos stammen von unserem ersten Pastetenversuch, bei dem wir noch Speck dazugepackt haben. Ich empfehle das nicht, weswegen er im Rezept fehlt.
Foto: Tobias Müller

Mit dem Rest der Farce die Form auffüllen.

Foto: Tobias Müller

Den Teig über der Pastete schließen. Mit einem Keksstecher oder einem scharfen Messer drei runde Löcher oben hineinschneiden und mit etwas Alufolie kleine Kamine basteln und in die Löcher stecken – durch die Kamine wird beim Backen der Dampf aus der Pastete entweichen.

Foto: Tobias Müller
Foto: Tobias Müller

Eventuell den Rest des Teiges so wie die sehr motivierte und talentierte Frau Kreimeyer für Verzierungen (Blätter, Blüten ...) benutzen.

6. Das Backen

Achten Sie darauf, dass die Pastete innen nicht zu heiß wird, sonst rinnt ihnen die Foie Gras zu sehr davon. Falls Ihre Emulsion nicht ganz so perfekt ist oder Sie doch zu heiß backen, wird jede Menge Fett aus der Pastete austreten. Das ist auch keine Katastrophe: Gießen Sie es einfach ab und heben es zum Braten und Würzen auf – es schmeckt hervorragend.

Foto: Tobias Müller

Das Backrohr auf 220 Grad Umluft vorheizen. Die Pastete etwa 30 Minuten backen und dann herausnehmen. Die Temperatur auf 120 Grad schalten und warten, bis das Backrohr tatsächlich auf 120 Grad abgekühlt ist. Weitere 30 Minuten backen oder so lange, bis die Kerntemperatur der Pastete etwa 50 Grad erreicht hat.

Aus dem Backrohr nehmen und über Nacht ganz auskühlen lassen.

7. Das Gelee

Eine gute, kräftige Hühnersuppe mit ordentlich Brandy und/oder Madeira würzen und auf etwa die Hälfte einreduzieren. Ein klein wenig davon auf einem Teller in den Kühlschrank stellen und überprüfen, ob sie ordentlich geliert – sie muss so fest sein, dass sie sich später in der Pastete schneiden lässt. Wenn nein, noch weiter einreduzieren.

Foto: Tobias Müller

Die Suppe auf Zimmertemperatur herabkühlen lassen und durch die Kamine in die kalte Pastete füllen, bis sie voll ist. Die Pastete über Nacht kalt stellen, am nächsten Tag nochmals Suppe nachfüllen und erneut kalt stellen.

Foto: Tobias Müller

8. Das Essen

So, das haben Sie sich jetzt redlich verdient. Vorsichtig aus der Form nehmen, fingerdick aufschneiden und idealerweise mit etwas Süß-Bitterem servieren. Sehr gut dazu passen zum Beispiel eingelegte Hagebutten oder Bitterorangen-Chutney (beides von hier) und ein würziger Asiasalat. Wohl bekomm's! (Tobias Müller, 23.12.2018)

Foto: Tobias Müller

(1) Im mittlerweile leider geschlossenen Café Sillon in Lyon habe ich eines meiner besten, prägendsten (und verhältnismäßig günstigsten!) Essen der vergangenen Jahre genossen. Wir waren zuerst zu Mittag dort, weil es uns so sensationell geschmeckt hat, sind wir am Abend wiedergekommen. Fünf Gänge und ein ordentlicher Rausch für 100 Euro pro Person. Gekocht hat dort übrigens Mathieu Rostaing-Tayard. Merken Sie sich diesen Namen!

Weiterlesen:

Schweinsfüße in Erdnusssauce und andere Rezepte

Eine nachweihnachtliche Nudelsuppe