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Russlands Präsident Wladimir Putin hielt am Donnerstag seit 10 Uhr seine jährliche Pressekonferenz ab.

Foto: REUTERS/Maxim Shemetov

Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag bei seiner traditionellen Jahrespressekonferenz den Vorfall in der Meerenge von Kertsch als Provokation bezeichnet, die "höchstens für das Rating von Petro Poroschenko" gut sei, aber "auf Kosten der Interessen der Ukraine erfolgt" sei. Gegen die Seeleute laufe ein Ermittlungsverfahren. Über einen Austausch – gegen in der Ukraine gefangene russische Staatsbürger – werde nach Ende des Verfahrens entschieden.

Putin bezeichnete den angekündigten Abzug der US-Truppen aus Syrien als "richtig". Er sei "prinzipiell zufrieden, wie die internationale Kooperation im Terrorkampf" ablaufe. Putin warnte zudem davor, die Gefahr eines Atomkriegs zu unterschätzen. Die Welt werde derzeit Zeuge des Zusammenbruchs der internationalen Ordnung, was das Risiko einer solchen Auseinandersetzung erhöhe.

Die Pressekonferenz begann um 10 Uhr MEZ und dauert mehrere Stunden.
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Über Maria Butina, der vorgeworfen wird, im Auftrag Russlands in den USA lobbyiert zu haben, sagte Putin, sie habe "nicht auf Anweisung russischer Behörden gehandelt, ungeachtet dessen, was sie selbst gestanden hat". Es gebe keinen Grund, "sie in einem US-Gefängnis einzusperren". Das Geständnis sei ihr abgepresst worden, damit die US-Ermittler "ihr Gesicht wahren" könnten.

In den USA und Großbritannien würden die demokratischen Normen unterhöhlt, klagte Putin. Die Wahl von Donald Trump sei glasklar gewesen, trotzdem werde versucht, die Wahl zu delegitimieren. Das Gleiche passiere beim Brexit, wo es ein Referendum gab, "aber niemand das erfüllen will".

Putin ortet Russophobie

Die unterschiedliche Reaktion auf die Fälle Khashoggi und Skripal sei der Russophobie geschuldet: in einem Fall "absolutes Schweigen", im anderen Fall eine Unmenge an Vorwürfen und Sanktionen gegenüber Russland. "Das ist alles nur ein Vorwand, um Russland aufzuhalten."

Putin äußerte sich auch zur Ermordung dreier Journalisten, die bei Recherchen über die Söldnerfirma Wagner in der Zentralafrikanischen Republik getötet wurden. Die Firma wird dem Petersburger Unternehmer Jewgeni Prigoschin zugeschrieben, der als "Koch" Putins gilt. "Alle meine Köche sind Mitarbeiter des FSO (Geheimdienst), andere Köche habe ich nicht", sagte Putin dazu. Wagner dürfe seine Interessen im Ausland durchsetzen, solange die Firma nicht gegen russische und andere Gesetze verstoße.

Inselstreit mit Japan

Zum Kurilen-Streit mit Japan erklärte Putin, einen Friedensvertrag anzustreben. Eine Rückgabe der Inseln komme aber erst infrage, wenn klar ist, ob dort US-Stützpunkte aufgebaut würden. "Natürlich quält uns dabei auch die Frage nach dem möglichen US-Raketenschild", den Russland nicht für eine Verteidigungswaffe halte, sagte Putin.

Putin kritisierte die Gründung der ukrainischen Nationalkirche: "Was dort jetzt vorgeht, ist mit dem Verstand nicht zu begreifen, das ist eine direkte Einmischung des Staates in die Angelegenheiten der Kirche." Die ukrainische Kirche sei dadurch keineswegs unabhängiger geworden, sie habe sich jetzt nur von einer Filiale der russisch-orthodoxen Kirche in eine Filiale "Istanbuls" verwandelt. "Für (Patriarch) Bartholomäus war auch Geld das wichtigste Motiv neben der Einflüsterung aus Washington", kommentierte Putin die Unterstützung der Abspaltung durch das Patriarchat von Konstantinopel. "All das erfolgt nur mit einem Ziel: die Bande zwischen Russland und der Ukraine zu zerschneiden." Putin äußerte die Befürchtung, dass es nun zu einem Verteilungskampf um die Pfründe komme, der "hoffentlich unblutig" ausgehen werde.

Zu der Jahrespressekonferenz in Moskaus Internationalem Handelszentrum meldete sich nach Kreml-Angaben eine Rekordzahl von 1.700 Journalisten an. Es ist bereits Putins 14. Jahresbilanz mit den Medien seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000. (André Ballin aus Moskau, 20.12.2018)