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Ab auf die Couch: Wer Probleme am Arbeitsplatz oder zu Hause hat, bekommt von manchen Arbeitgebern Therapiestunden bezahlt.

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Die einen bekommen zusätzlich zu ihrem Gehalt Leasingfahrräder oder ein Diensthandy, die anderen können gratis zur Yoga-Stunde, werden mit Obst aus der Biokiste versorgt oder erhalten Rabatte bei den Restaurants in der Umgebung. Auch in Weiterbildungen, betriebliche Altersvorsorge oder Unternehmenskindergärten investieren Firmen, um ihren Mitarbeitern bestmögliche Arbeitsbedingungen zu bieten – und sie zu halten.

Was allerdings selten zu den Goodies für Mitarbeiter zählt, sind Angebote zur psychologischen Hilfestellung, wie etwa Therapiestunden. Das weiß auch Jens Lemke, Geschäftsführer der deutschen Agentur Commodis, die Zusatzleistungen für Firmen verwaltet und in solchen Fragen berät. "Während Coaching weit verbreitet ist, ist Psychotherapie noch ein Nischenangebot. Auch weil sie immer noch den Nimbus hat, dass etwas repariert werden muss, dass es von Schwäche zeugt, wenn man zum Therapeuten geht", sagt Lemke.

Psychische Belastung steigt

Am beliebtesten seien Zusatzleistungen im Gesundheitsbereich, doch auch psychologische Angebote würden immer häufiger nachgefragt und angeboten, sagt Lemke. Den Grund sieht er einerseits darin, dass die psychische Belastung der Mitarbeiter steige. Burnout und Depression zählen mittlerweile zu den häufigsten Volkskrankheiten.

Andererseits liege es auch dar an, dass das Bewusstsein für Achtsamkeit sowie Burnout- und Stressprävention zunehme. "Die Betriebe sind sich dessen bewusst, dass sie eine Fürsorgepflicht haben", erklärt Lemke. Neu ist das nicht, es sei in den vergangenen Jahren wichtiger geworden, als Arbeitgeber zu zeigen: "Wir kümmern uns um dich."

So auch beim Berliner Start-up Einhorn, das kürzlich verkündete, seinen Angestellten Therapiestunden als Benefit anzubieten. Pro Monat hat die Firma zehn Therapiesitzungen für das Team geblockt, jeder kann das Angebot nutzen. Die Chefs werden darüber nicht informiert.

Auch Mitarbeiter des österreichische IT-Dienstleisters Cubido können pro Jahr fünf Gratis-Therapiestunden, die sie bei zwei unterschiedlichen Therapeuten einlösen können, in Anspruch nehmen – ebenfalls anonym. "Wir haben zwar eine gute Stimmung im Team, doch wir können es uns nicht leisten, Leute zu verlieren, weil es ihnen nicht gut geht – noch dazu in einer Zeit, in der es ohnehin schwierig ist, Mitarbeiter zu finden", sagt Harald Hofer, Mitgründer und Mitarbeiter bei Cubido. Daher habe die Firma vor vier Jahren Coaching eingeführt, vergangenes Jahr wurde dieses von Psychotherapiestunden abgelöst.

Private Probleme lösen

"Wir hatten das Gefühl, dass die Leute dort besser aufgehoben sind, denn es geht ja nicht nur um Probleme im Arbeitsleben, sondern auch um Privates, das einen im Büro belastet", erläutert Hofer. Deshalb können die Mitarbeiter auch mit ihren Partnern oder Kindern zur Therapie. Im Vorjahr wurde dieses Angebot 13-mal genutzt, circa 40 Mitarbeiter sind bei Cubido beschäftigt. Demnach haben mindestens zwei den Schritt gewagt, sich helfen zu lassen. Welche konkreten Auswirkungen das auf die Firma habe, könne Hofer nicht einschätzen, auch nicht, ob die geringe Fluktuation darauf zurückzuführen sei.

Für Lemke sind Therapieangebote ein Weg, um die Stressresistenz der Mitarbeiter zu erhöhen und ihnen zu zeigen, wie man mit "unliebsamen Situationen am besten umgeht". Dennoch sollten die Therapiestunden nicht nur Symptombekämpfung sein, sondern "auch die Arbeitgeber müssen dar auf achten, dass solche Situationen gar nicht erst entstehen". (Selina Thaler, 27.12.2018)