Routiniert: Für Wladimir Putin ist es die 14. Jahrespressekonferenz.

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Äußerlich unterschied sich die 14. Jahrespressekonferenz des russischen Präsidenten nicht wesentlich von ihren Vorgängern. Ein neuer Rekord bei der Beteiligung, eine Verspätung Putins und zu Beginn die Verlesung nackter Zahlen. Daraus folgte, dass in Russland eigentlich alles läuft. Wachstum, Haushaltsüberschuss, Steigerung der Renten, der Realeinkünfte und der Lebenserwartung. Dass die Stimmung im Land schlechter ist als vor einigen Jahren, ließ den Kremlchef unbeeindruckt.

Zwar wurden die Zahlenspiele im Laufe der Pressekonferenz mehrfach kritisiert, Putin ließ sich davon aber nicht beirren. Auch wenn die meisten Russen von der statistischen Steigerung der Realeinkommen um 0,5 Prozent nichts spürten, "die Tendenz ist richtig", und mit der Arbeit der Regierung sei er "im Großen und Ganzen zufrieden", beharrte er.

Konfliktherd Ukraine

In der Außenpolitik deuten sich ebenfalls keine grundlegenden Veränderungen an. Der große Konfliktherd bleibt die Ukraine. Putin nutzte den Auftritt einmal mehr zu einer scharfen Kritik an der politischen Führung in Kiew, speziell dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Diesem warf er vor, den jüngsten Vorfall in der Meerenge von Kertsch provoziert zu haben, um sein Rating vor der Wahl anzuheben. Das sei ihm wohl auch gelungen, "auf Kosten der Interessen der Ukraine", sagte Putin.

Kiew habe zur Steigerung des Effekts sogar gehofft, dass ukrainische Seeleute bei dem Vorfall getötet würden, behauptete Putin. Immerhin können sich die Männer nun bedingt Hoffnung auf eine international geforderte Freilassung machen. Putin versprach zwar nichts, doch seine Aussage, zunächst müsse das Ermittlungsverfahren abgeschlossen sein, lässt diplomatischen Spielraum für einen späteren Austausch.

Kirchenpolitik ein Thema

Als Angriffspunkt gegen Kiew diente Putin auch die Gründung der ukrainischen Nationalkirche, die er als "direkte Einmischung des Staates in Angelegenheiten der Kirche" bezeichnete. Der Kremlchef versäumte es nicht, in dem Zusammenhang den Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus, zu kritisieren, dem er Geldgier als Motiv für die Anerkennung der ukrainischen Kirche unterstellte, und die USA als Strippenzieher im Hintergrund zu bezeichnen. "All das erfolgt nur mit einem Ziel: die Bande zwischen Russland und der Ukraine zu zerschneiden", so Putin.

Russophobie wähnte der Kremlchef auch hinter zwei Skandalen, die seit einiger Zeit die internationale Atmosphäre vergiften: Das Geständnis der Russin Maria Butina, in den USA im Auftrag Russlands gegen die nationalen Interessen der USA lobbyiert zu haben, wies er mit dem für den Kremlchef üblichen diplomatischen Hintertürchenformulierung zurück. "Frau Butina hat nicht auf Anweisung der russischen Behörden gehandelt", sagte er. Es ist seit Beginn der Affäre die Linie russischer Offizieller: Auf staatlicher Ebene gab es keine Spionageaffäre. Wenn, dann waren das alles private Initiativen.

Fall Skripal versus Fall Khashoggi

Den zweiten Skandal – um die Vergiftung des übergelaufenen Geheimdienstagenten Sergej Skripal – nutzte Putin, um westlichen Medien und der Politik das Verschweigen der Ermordung Jamal Khashoggis vorzuwerfen.

Kritik an den USA äußerte Putin auch wegen der von Donald Trump verkündeten Außerkraftsetzung einer Reihe von Abrüstungsverträgen. Putin warnte vor der wachsenden Gefahr eines Atomkriegs und die Europäer davor, die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen auf ihrem Territorium zuzulassen. "Dann dürfen sie hinterher nicht jammern", drohte er. Moskau werde darauf reagieren, um seine Sicherheit zu garantieren. Russland hat heuer bereits Iskander-Raketen in Kaliningrad fest stationiert.

Beim Thema Syrien immerhin war Putin entspannt. Trumps Ankündigung, US-Truppen abziehen zu wollen, lobte er, auch wenn er einschränkte, bisher seien solchen Ankündigungen selten Taten gefolgt. Doch zeigte sich der Kremlchef "im Allgemeinen mit der Kooperation bei der Terrorbekämpfung zufrieden". (André Ballin aus Moskau, 20.12.2018)