An der Ecke Brunnengasse/Gaullachergasse wird seit ein paar Monaten mittelöstliche Feuerküchenkompetenz zelebriert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Kohlen sind be Firas Abu Harba so heiß, dass die Spieße in kaum zwei Minuten knusprig angekokelt sind.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wahre Auskenner rennen für im Glutloch gebackene Fladenbrote extra auf den Hannovermarkt in Wien-Brigittenau. Da steht eine afghanische Familie um einen hohen, mit glühender Holzkohle gefüllten Tonnenofen, der auf Arabisch Tanour heißt und in Indien Tandoori.

Sie klatschen Germteigfladen an die glühende Innenwand des Ofens, wo sie binnen Sekunden wilde Blasen werfen und knusprig, flaumig, herrlich wieder herauskommen: archaische Brotkultur von biblischer Köstlichkeit. Die Fladen vom Hannovermarkt bestehen zur Hälfte aus Vollkornmehl, was ihnen in Kombination mit der Holzkohlenglut ein rauchiges, nussiges Aroma verleiht.

Die Fladen, die es seit ein paar Monaten bei einem Standl am Brunnenmarkt bei der Gaullachergasse gibt, sind nur mit Weißmehl gemacht. Pur schmecken sie doch deutlich weniger rund als die hannoverschen. Dafür kann man sie hier mit Rind vom Schawarma-Drehgrill füllen lassen, mit knusprigen Falafeln einrollen oder, besonders gut, mit frisch frittierter Melanzani, allerhand Salat, Kräutern, Hummus und Granatapfelsirup einpacken lassen.

Dauert von der Bestellung übers Backen, Frittieren und Belegen bis zum Einrollen kaum zwei Minuten und resultiert in Sandwiches von einer Pracht, gegen die viele, auch hoch- und höchstgelobte Imbissbuden der Stadt, ziemlich einpacken können.

Es sind auch immer drei bis vier Imbissfachkräfte beschäftigt, bis der Wunderfladen entsprechend gebacken ist, Kichererbsenpaste und Granatapfelsirup kunstfertig verschmiert, Rindfleisch samt Knusperfettn vom geschichteten und souverän gewürzten Drehspieß hineingesäbelt, Petersilie samt Sumach und Zwiebel sowie dem unvermeidlich winterklammen (aber portionsweise frisch geschnittenen!) Paradeiser eingeschlichtet, mit "scharf" beschneit, schließlich in Butterbrotpapier sowie Alufolie gerollt, akkurat verzurrt und endlich bissfertig hergerichtet ist. Kostet 3,50 Euro, was für eine Rolle pures, heißes Glück in einem knusprig fluffigen Hauch von einem Brot eigentlich ein Bettel ist.

Hast Du Feuer?

Es geht aber noch besser. Schräg vis-à-vis steht nämlich Firas Abu Harba an einem halbmeterhohen Turm aus rotglühender Kohle, in den er auf Bestellung säuberlich geschlichtete Spieße einhängt. Shish Taouk, mit mariniertem Hendl zum Beispiel, Kebabs verschiedener Schärfe- und Würzgrade mit faschiertem Lamm, Leber oder gewürfelter Schulter.

Die Kohlen sind so heiß, dass die Spieße in kaum zwei Minuten knusprig angekokelt sind, dann wird (siehe Bild) abermals mit arabischer Akkuratesse geschlichtet, gerollt, und gut ist es, ganz verdammt gut. Harba hat keinen Tanour fürs Brot, er hat aber, Achtung Tipp, nichts dagegen, wenn man sich den Glutgrubenfladen vom Habibi vis-à-vis holt. Die Standln gehören ohnehin demselben Betreiber.

Gleich daneben hat Adnan Al Masar sein Reich. Da gibt es syrische Linsensuppe, aber auch ein Sandwich mit à la minute gebratenem Hendl ("Tantuni") im dünnen "Khobs"-Brot, bei dem die Würzmischung M’khalel aus fein geschnipselter Zitrone samt Schale, Petersilie, Sumach und Schalotten für nochmals andere Glücksgefühle sorgt: frisch, akzentuiert, mit endlos wohligem Nachhall am Gaumen.

Daneben ist noch ein Standl, da kommen wieder andere, wieder ganz eigen arge, zum Abheben köstliche Fladen mit der Wunderwürze Za’atar (aus syrischem Ysop, Sesam, Sumach und Anis) und Olivenöl aus dem Ofen, bei deren Genuss augenblicklich die Sonne aufgeht. Doch war an diesem Tag der Strom ausgefallen, weshalb er auf dem Foto fehlt. Macht insgesamt vier gute Gründe, wieder einmal zum Brunnenmarkt zu pilgern. (Severin Corti, RONDO, 21.12.2018)

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