Es könnten über tausend Menschen gewesen sein, die Imre Kormos durch ein riesiges, ausgeklügeltes Schleusennetz vor dem Konzentrationslager bewahrt hat.

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Es gibt Helden, die nie als solche gewürdigt werden. Weil sie selbst zu bescheiden sind oder weil ihre Taten vergessen sind. Auf Imre Kormos trifft beides zu. Der 1897 in Ungarn geborene und zum Schneider ausgebildete Mann hat, obwohl er selbst Jude war, zu Beginn der 1940er-Jahre vielen Verfolgten das Leben gerettet. Es könnten über eintausend Menschen gewesen sein, die Kormos durch ein riesiges, ausgeklügeltes Schleusennetz vor dem Konzentrationslager bewahrt hat.

Warum kennt ihn niemand, obwohl er eine Art ungarischer Oskar Schindler war? Im Ä1-Hörbild Imre Kormos – Held und Halunke (in zwei Teilen am 25. und 26. 12., jeweils 10.05 Uhr) begibt sich seine Stiefenkeltochter Natasa Konopitzky auf eine persönliche Spurensuche. Briefe und Dokumente im Nachlass ihrer Großmutter machen sie neugierig auf ein Familienmitglied, das in den mündlichen Erzählungen vorwiegend als Frauenheld und komplizierter Charakter aufschien.

Das Quietschen von Reißverschlüssen und das Knarzen von Türen begleiten die Recherche durch Archive und bei Gesprächen, um dann schließlich doch auf konkrete Anhaltspunkte zu stoßen. Das Bild eines widersprüchlichen Menschen wird greifbar, der – während er im familiären Umfeld sehr geizig war – sein stattliches Vermögen für die Rettung anderer ausgab, der mit Ärzten und Geschäftspartnern kooperierte, um so viele wie nur möglich zu retten. Darüber gesprochen hat er scheinbar nie.

Man kann sich gut vorstellen, das reiche Leben Imre Kormos’ (vier Frauen in zwei Städten, kapitalistischer Kommunist, Schmuggler und Überlebenskünstler) samt seiner ins Gute gewendeten kriminellen Energie einmal verfilmt zu sehen. (Margarete Affenzeller, 25.12.2018)