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Sloweniens Premier Marjan Šarec wird Verfassungsbruch wegen der Nichtumsetzung eines Höchstgerichts-Urteils aus dem Jahr 2015 vorgeworfen.

Foto: REUTERS/Piroschka Van De Wouw

Ljubljana – Die slowenische rechtsgerichtete Opposition fährt schwere Geschütze gegen Premier Marjan Šarec (41) auf, dessen Minderheitsregierung gerade 100 Tage im Amt ist. Die Demokratische Partei (SDS) und die Slowenische Nationalpartei (SNS) wollen ihn mit einer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof des Amtes entheben lassen. Am Freitag reichten sie einen entsprechenden Antrag ein.

Šarec wird Verfassungsbruch vorgeworfen, weil ein Urteil des Höchstgerichts über die staatliche Finanzierung von Privatschulen aus dem Jahr 2015 noch nicht umgesetzt wurde. Am Donnerstag hatte das Parlament den jüngsten Antrag der SDS abgelehnt, den Privatschulen mehr staatliche Mittel zu verschaffen.

Absolute Mehrheit notwendig

In der slowenischen Geschichte hatte es bereits drei Vorstöße zur Amtsenthebung gegeben, die allesamt von der SDS angestrengt wurden. Kein Antrag schaffte es zum Höchstgericht, weil die nötige absolute Mehrheit für die Einleitung des Verfahrens im Parlament verfehlt wurde. Auch diesmal werden dem Vorstoß kaum Chancen gegeben.

Šarec sieht das Vorgehen der beiden Oppositionsparteien gelassen. Die Anklage sei "eher ein Knüppel zwischen die Beine als ein ernsthaftes Instrument", sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur STA. "Ich sehe keinen Grund, dass schon jetzt, wo die Regierung erst seit 100 Tagen im Amt ist, eine Anklage vor dem Verfassungsgericht nötig wäre", sagte Šarec. Seine Regierung werde versuchen, das Urteil umzusetzen.

Einjährige Frist

Das Verfassungsgericht hatte im Jahr 2015 angeordnet, dass der slowenische Staat auch private Volksschulen mit staatlich anerkanntem Lehrplan komplett finanzieren müsse. Die Höchstrichter hatten dem Gesetzgeber eine einjährige Frist zur Umsetzung des Erkenntnisses gesetzt, doch scheiterten mehrere Versuche zum Beschluss eines entsprechenden Gesetzes.

Privatschulen werden derzeit für die Ausübung des öffentlichen Bildungsprogramms zu 85 Prozent aus der Staatskasse mitfinanziert, der Rest wird über Schulgelder aufgebracht. Nach einer Klage von Eltern und Betreiber einer privaten katholischen Schule in Ljubljana urteilte das Verfassungsgericht, dass diese Regelung verfassungswidrig sei.

In Slowenien gilt eine strikte Trennung von Kirche und Staat, in öffentlichen Schulen gibt es keinen Religionsunterricht. Die Frage der Finanzierung katholischer Privatschulen ist politisch äußerst umstritten. Die liberalen und linksgerichteten Parteien stehen entsprechenden Vorstößen kritisch gegenüber. Šarec selbst wird eine pragmatische Haltung attestiert. Er ordnet sich ideologisch links von der Mitte ein, ist aber auch regelmäßiger Kirchenbesucher und hält bei der Sonntagsmesse in seiner Heimatgemeinde Kamnik die Lesung. (APA, 21.12.2018)