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Leider hat der Barde eine Kleinigkeit übersehen: Dem Ochsen und dem Esel kommen in der Weihnachtsgeschichte zwei wichtige, sogar außerordentliche Rollen zu.

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Es begab sich, dass einen Barden heimattümelnder Musik eine Kränkung plagte. Er, dem die Publikumsmassen zujubeln, er, der zu wissen glaubt, was "das Volk" will, ihm wollen gewisse Medien nicht dafür applaudieren, dass er die Bundeshymne so singt, wie es sich seiner Meinung nach gehört. Mit Söhnen und ohne Töchter, denn wozu brauchen wir das. Der Barde selbst besingt ja eh die Töchter, vor allem wenn sie sexy sind.

Diese gewissen Medien sehen das aber anders und befinden, eine Hymne im 21. Jahrhundert brauche auch die Töchter verewigt. Sie halten dem Barden Gestrigkeit vor. Und als ob das nicht schon genug der Demütigungen wär': Auch seinen Volks-Rock-'n'-Roll finden sie nicht so super. Seiner Meinung nach.

Es begab sich daher, dass dem Barden bei einem seiner Weihnachtskonzerte gar nicht weihnachtlich zumute war, nicht friedlich, und schon gar nicht versöhnlich. Das "Teuferl", das er sonst eher in den "Maderln" wähnt, zwickte ihn an diesem Abend in sein Wadl und flüsterte ihm eine "Weihnachtsgeschichte" ein. Zuerst verkündete der Barde die frohe Botschaft, dass die Welt in Ordnung sei, solange die Österreicher im Dirndlkleid außer Haus gingen und in der Lederhose dastünden. Die Chefredakteure dieser gewissen, dieser "unchristlichen" Medien jedoch, die ihn ins "rechte Eck" rückten, sollten doch am 24. Dezember seine Weihnachtskrippe in der Steiermark besuchen, wo ihm noch ein Ochs und ein Esel fehlten.

Es war die Adventaufregung des Jahres. Zeitungsboulevard und soziale Netzwerke seufzten vor Entzücken. Wie fad sind dagegen Themen wie die Kürzung der Mindestsicherung, die nicht nur die von vielen so ungeliebten Flüchtlinge, sondern auch über 80.000 Kinder und Menschen mit Behinderung treffen kann – oder die Idee, Asylwerber künftig abends und nachts zu kasernieren.

Der Barde freute sich sehr, ihm ward weihnachtlich warm ums Herz, und er legte mit einem Video nach. Er hatte die gewissen Medien auf die ihnen zustehenden Plätze verwiesen.

Leider hat der Barde dabei eine Kleinigkeit übersehen. Dem Ochsen und dem Esel kommen in der Weihnachtsgeschichte zwei wichtige, sogar außerordentliche Rollen zu. Zunächst einmal sind die scheinbar dummen Tiere Ochs und Esel, die seit dem vierten Jahrhundert zum Weihnachtsbild gehören, eine Allegorie: Der Ochse steht für das Volk Israel – und der Esel für die Heiden. Beide jedenfalls stehen dort, vor dem Jesuskind in der Krippe, auch für Erkenntnis. Sie sehen und erkennen, was ist, schreibt der Prophet Jesaja – im Gegensatz zu anderen: "Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht." Caritas-Präsident Michael Landau sagte im Falter dazu ganz trocken: Ochs und Esel seien bei der Geburt Christi live dabei gewesen – etwas Tolleres könne Journalisten doch gar nicht passieren.

Und weil Ochs und Esel eben auch sehen und erkennen, was ist (und nichts kreativ dazuerfinden oder sich die Wahrheit zurechtbiegen), haben sie ihre Aufgabe als vierte Macht im Staate so erfüllt, wie sie in der Verfassung der Republik Österreich und in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Artikel 19, vorgesehen ist. Das wird den Barden vielleicht ärgern – aber ein schöneres Kompliment hätte er den gewissen Medien gar nicht machen können.

Ochs und Esel werden ihre Aufgaben weiter sehr genau nehmen. Sie werden sehen und erkennen – und darüber berichten. Und wenn Gras über eine Sache zu wachsen droht, die jemandem mit Macht, Geld und Einfluss unangenehm ist, werden es Ochs und Esel auch in Zukunft getreulich abfressen. (Petra Stuiber, 22.12.2018)