Betet weiter für die Vergrößerung seines Industriereichs: Michael Tojner.

Foto: Regine Hendrich

Rechtzeitig vor Weihnachten wurde im Industriematch des Jahres 2018 eine neue – und überraschende – Runde eingeläutet. Im Ring stehen einander seit Monaten der Wiener Unternehmer und Investor Michael Tojner und die Verantwortlichen der B&C-Privatstiftung gegenüber, allen voran deren Vorstandsmitglied Wolfgang Hofer.

Gekämpft wird um einige der wichtigsten Industriebetriebe des Landes: Semperit, Lenzing, Amag, deren Mehrheitseigner die B&C-Privatstiftung ist. Tojner will die im Jahr 2000 von der Bank Austria (BA) errichtete Stiftung knacken, indem er zunächst einmal der BA-Mutter Unicredit ihre Letztbegünstigtenrechte abkauft. Der Vorstand der B&C-Stiftung und Ex-BA-Chef Erich Hampel wehrt sich mit Händen, Füßen und Klagsdrohungen gegen die als feindlich eingestufte Übernahme.

"Hoffnung auf Weihnachtswunder"

In der nun anlaufenden Runde geht es aber nicht um Angriff und Abwehr – sondern um Annäherung. Anwälte beider Seiten arbeiten an einer "gemeinsamen Lösung", wie der STANDARD aus Verhandlerkreisen erfahren hat. Wie genau die Einigung, die noch zu Weihnachten stehen könnte, aussieht, wird streng geheim gehalten. Sicher ist, dass die Unicredit dabei eine zentrale Rolle spielt. Denn: Tojner bietet ihr viel Geld für ihre Rechte, und die BA-Mutter hat ihm Exklusivität der Verhandlungen über diese Begünstigtenrechte zugesichert. Zudem hat Tojner einen Vorvertrag in der Tasche. Die B&C-Stiftung kann also nur hilflos zuschauen.

Diesen unerquicklichen Zustand will sie nun beenden. Zunächst einmal wolle sie erreichen, dass die Unicredit mit der Privatstiftung redet und verhandelt, wie es vonseiten Involvierter heißt. Man wolle eine Situation erreichen, in der die Stiftung nicht geknackt werden könne und wieder Ruhe einziehe. Stiftungsvorstand Hofer bestätigt das vage so: "Ich bin der nicht allzu frohen, aber doch nicht aussichtslosen Hoffnung, dass sich ein Weihnachtswunder ereignen wird."

Tojner soll dem Ziel nah sein

Marktbeobachter glauben zu wissen, dass Tojner und B&C mit der "gemeinsamen Lösung" einen großen Schritt in Richtung Tojners Ziel machen werden. Sie gehen davon aus, dass er demnächst in den Stiftungsvorstand einziehen wird. Tojner selbst lanciert die Darstellung, dass die Regierung die von ihm angestrebte Lösung unterstütze. Hintergrund: Als ein Stiftungszweck ist die Förderung des österreichischen Unternehmertums festgeschrieben. Das Finanzministerium gibt keine Stellungnahme zu dieser Darstellung ab, aus Regierungskreisen ist freilich zu hören, dass man in die Sache gar nicht involviert sei.

Der Investor Tojner hat sein Auge schon vor Jahren auf die Industriebeteiligungen der B&C-Stiftung geworfen. Zu seinem ökonomischen Beuteschema würden die Beteiligungen (oder allfällige Verwertungserlöse daraus) bestens passen. Tojner, einst Mitbegründer des Wettanbieters Bwin und der Global Equity Partners, stieg 2006 ins Industriegeschäft ein. Zu seiner Montana Tech Components gehört heute etwa der Batterieerzeuger Varta oder die Aluflex, die er von der Hypo Alpe Adria erworben hat. Sie will er angeblich demnächst an die Börse bringen – bestätigt ist das allerdings nicht.

Wichtige Industrieunternehmen

Auch für die vielen Immobiliendeals seiner Wertinvest ist der 53-Jährige bekannt – vor allem, seit sie das Areal am Wiener Heumarkt gekauft hat, auf dem auch Tojners Hotel Intercont steht. Das Haus, das er auf dem Areal erbauen lassen will, soll so hoch sein, wie es umstritten ist; es gefährdet den Status Wiens als Weltkulturerbe.

Bekäme Tojner via B&C-Stiftung Mitspracherechte für deren börsennotierte Beteiligungen, ginge es um viel. Die Semperit AG erzeugt Kautschukprodukte für Medizin und Industrie (etwa Operationshandschuhe), Lenzing Fasern und die Amag Aluminium. Die Beteiligungen haben 2017 rund 4,2 Milliarden Euro umgesetzt, der Gewinn (Ebit) betrug 495 Millionen Euro.

Laut einer Wertschöpfungsstudie des Instituts für Höhere Studien, die B&C beauftragt hat, haben die Beteiligungen im Jahr 2017 insgesamt 1,7 Mrd. Euro Bruttowertschöpfung erwirtschaftet und 14.200 Jobs (Vollzeitäquivalente) gesichert. Damit seien die Kernbeteiligungen für 0,53 Prozent von Österreichs Wirtschaftsleistung verantwortlich gewesen.

Alle wollten die Genussrechte

Reputierliche Unternehmen also, um die es immer schon ein Griss gab – vor allem, seit die Italiener 2006 das Sagen in der BA bekamen. Sie versilberten nach ihrem Einstieg in Österreich alle erdenklichen Vermögenswerte der Wiener Tochter, an der Stiftungskonstruktion bissen sie sich allerdings die Zähne aus. Stattdessen machten sie die der Bank Austria zustehenden Genussrechte (Recht auf Dividenden aus den Beteiligungen) zu Geld. Diese hat die B&C-Privatstiftung im Jahr 2008 um 1,2 Mrd. Euro erworben. Tojner, der mit Investoren im Rennen um die Genussrechte gewesen war, hatte das Nachsehen.

Genau zehn Jahre später könnte er sozusagen bei der Hintertür wieder hereinkommen – die ihm aber von der B&C selbst geöffnet würde. Tojner war zu keiner Stellungnahme bereit, er ließ nur ausrichten, dass er schon auf Urlaub sei. (Renate Graber, 21.12.2018)