Das Deprimierendste in der Fälschergeschichte um einen "Spiegel"-Reporter: Der Mann hat offenbar auch Teile eines ungemein berührenden Interviews mit der letzten Überlebenden der deutschen Widerstandsgruppe gegen die NS-Herrschaft, Weiße Rose, erfunden.

Zur Substanz der Weißen Rose kann man nicht viel erfinden, denn diese unglaublich heroischen Aktionen von jungen Studenten gegen die Hitler-Greuel sind historisch sehr gut dokumentiert. Die Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie einige Mitverschwörer versuchten die Deutschen mit Flugblättern aufzurütteln. Sie wurden verraten und starben unter dem Fallbeil. Die Verlobte von Hans Scholl, Traute Lafrenz, wurde nun 99-jährig vom Spiegel-Reporter in den USA interviewt. Eine Passage ist offensichtlich erfunden: Die rechtsextremistischen Aufmärsche in (Ost-)Deutschland hätten sie an den Beginn der Nazis erinnert. Sie hat das aber nicht gesagt.

Die ganze Affäre ist ein Festtag für alle rechtsextremen Medien, Fake-News-Verbreiter, Verschwörungswebseiten und Neonazi-Outlets, die tausendfach mehr an Lügen verbreiten als der eine "Spiegel"-Reporter. Auch jene Kräfte, die gerne kritische Medien an die Regierungsleine nehmen würden, werden klammheimlich frohlocken.

Die "Spiegel"-Affäre ist kein Grund für kritische Medien, nun klein beizugeben. Aber es muss weiter massiv harte, solide Arbeit geleistet werden. (Hans Rauscher, 21.12.2018)