Donald Trump kann nicht mehr länger vor sich selbst geschützt werden, und auch die Welt nicht vor seinen schlimmsten Instinkten. So muss der Befund lauten, seit US-Verteidigungsminister James Mattis Donnerstagabend seine Mitarbeiter anwies, seinen doppelseitigen Rücktrittsbrief an US-Präsident Donald Trump 50-fach auszudrucken und im Pentagon zu verteilen. Darin zu lesen sind höfliche, aber dennoch vergiftete Worte: Mattis stellt seine eigenen Überzeugungen jenen Trumps entgegen. Seiner Meinung nach, schreibt der Exgeneral, sei es nötig, sich mit Verbündeten den autoritären Regierungen Chinas und Russlands entgegenzustellen. Für den Präsidenten gilt das offenbar nicht, denn Mattis kommt zum Schluss: "Sie haben das Recht auf einen Verteidigungsminister, dessen Ansichten sich besser mit den Ihren decken."

Mit Mattis' Abschied, dessen direkter Anlass der US-Abzug aus Syrien ist, verlässt der letzte der sogenannten "Erwachsenen" das US-Kabinett. Gemeint sind damit erfahrene Politiker und Exgeneräle im Dienste Trumps. Von ihnen wurde vermutet, dass sie nicht aus Begeisterung für Trumps Ideen in der Regierung saßen, sondern um im Notfall Trump von Dummheiten abzuhalten. Vor Mattis waren Exgeneral und Stabschef John Kelly, Exgeneral und Sicherheitsberater H. R. McMaster, Exmanager und Außenminister Rex Tillerson und Exsenator und Justizminister Jeff Sessions gegangen oder gegangen worden.

Demokratiepolitisches Plus

Dass sie weg sind, kann man als demokratiepolitisches Plus verbuchen: Denn die Wählerinnen und Wähler haben sich 2016 nun einmal für Trump entschieden und nicht für Minister, die es als ihre Aufgabe sehen, ihn an der Umsetzung seiner Versprechen zu hindern. Weltpolitisch aber ist es gefährlich. Mattis, der seinen Job vor allem seinem Spitznamen "Mad Dog" und weniger seinen Ansichten verdankte, passte politisch nie zu Trump. Aber glaubt man Berichten, stoppten er und andere "Erwachsene" Pläne zur Ermordung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, zur Verzehnfachung des Atomwaffenarsenals und zum abrupten Ende der Handelspartnerschaft mit Südkorea.

Übrig bleiben Hardcore-Jasager. Trumps designierter Stabschef Mick Mulvaney bezeichnete ihn 2016 als "furchtbaren Menschen", den man trotzdem wählen müsse. Sein designierter Justizminister William Barr verdankt seine Nominierung dem Versprechen, die Tätigkeit von Sonderermittler Robert Mueller zu behindern. Er soll Interimsminister Matthew Whitaker folgen, für den das Gleiche gilt.

Wer nach Mattis kommt, ist noch offen. Vermutlich ist aber bald keiner mehr da, der Trump das sagt, was er nicht hören will. Das alles passiert zu einer schwierigen Zeit, in der die US-Wirtschaft nach unten zu kippen droht und in der sich abzeichnet, dass Trumps Entscheidungen, Truppen aus Syrien und womöglich auch Afghanistan abzuziehen, Folgen für die Sicherheit Europas, aber auch der Welt haben werden. Gott bewahre, wenn noch etwas Unvorhergesehenes passiert.

Bei aller Anerkennung, die Mattis für seinen Dienst gebühren mag: 50 Briefausdrucke mit vagen Andeutungen, die nur jene verstehen, die eh wissen, was gemeint ist: Das reicht nicht. Mattis, aber auch die anderen, die Trumps Regierung im Streit den Rücken kehrten, müssten laut und öffentlich sagen, was sie vom Präsidenten halten – damit nach der Wahl 2020 Erwachsene ins Weiße Haus einziehen. (Manuel Escher, 21.12.2018)