Ukraines Präsident Petro Poroschenko will die Dinge "beim Namen genannt haben".

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Kiew – Ukraines Präsident Petro Poroschenko hat am Wochenende das umstrittene "Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen" unterzeichnet, wie Kathpress am Montag berichtete. Das Gesetz ordnet auch an, dass der Namen religiöser Organisationen, die Teil einer religiösen Organisation sind, deren Verwaltungszentrum sich außerhalb der Ukraine befindet, dies bereits im Namen anzeigen müssen.

Dies gilt allerdings nur, wenn es sich beim Sitz des Verwaltungszentrums "um einen Staat handelt, der vom Gesetz her als militärischer Aggressor gegen die Ukraine und/oder als Besatzungsmacht eines Teils des Territoriums der Ukraine" definiert wird. "Die Menschen haben das verfassungsmäßige Recht auf freie Wahl der Religion. Die oben genannten Gesetzesänderungen schaffen bessere Voraussetzungen für die Ausübung eines solchen Rechts für diejenigen, die entscheiden sollen, welcher orthodoxen Rechtsordnung sie angehören wollen: Entweder der neu geschaffenen autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine oder jener Kirche, die darauf besteht, ihre Verbindung mit Moskau und Abhängigkeit vom Russisch-orthodoxen Patriarchat aufrechtzuerhalten", betonte das Staatsoberhaupt laut Kiewer Nachrichten-Website "risu.org.ua" bei der Unterzeichnung des Gesetzes.

"Dinge beim Namen nennen"

Der Präsident betonte, es sei "einfacher, eine Entscheidung zu treffen, wenn alle Dinge beim Namen genannt werden, wenn genügend Informationen vorhanden sind, damit diese Entscheidung freiwillig getroffen wird". Die Gesetzesänderungen würden am Grundsatz der Religionsfreiheit und der Gleichheit aller Konfessionen festhalten. "Es gibt aber keine Einschränkung der Verfassungsrechte der Bürger", so Poroschenko.

Die Parlamentsabstimmung zu dem "Gesetz 5309" hatte am Donnerstag stattgefunden. Mit Ja stimmten 240 Abgeordnete, 31 mit Nein. Demnach muss die Kirche nach Inkrafttreten des Gesetzes binnen vier Monaten ihren offiziellen Namen ändern. Zudem beschränkt das Gesetz die Militärseelsorge der moskautreuen Kirche, wie das Parlament auf seiner Website mitteilte. Bisher nennt sie sich selbst "Ukrainische Orthodoxe Kirche" (UOK). Sie müsse sich klar als ausländische Kirche kennzeichnen, forderten Abgeordnete. Der UOK wird seit langem vorgeworfen, im Ukraine-Konflikt auf der Seite von Kreml-Chef Wladimir Putin zu stehen.

Pro Oriente: "Verletzt Religionsfreiheit"

Anlass des Gesetzes war die vor zehn Tagen erfolgten Gründung der unter dem Schirm des Patriarchats von Konstantinopel stehenden "Orthodoxen Kirche der Ukraine" (OKU). Sie entstand aus zwei vom Moskauer Patriarchat abgespaltenen Kirchen. Die Ukraine will sich dadurch auf religiösem Gebiet noch stärker von Russland abgrenzen. Die russisch-orthodoxe Kirche und die Regierung in Moskau protestierten dagegen und werfen Kiew eine Verfolgung der moskautreuen UOK vor. Die Regierung in Kiew entzog der UOK bereits das Nutzungsrecht für ein bedeutendes Kloster in der Westukraine.

In einer Erklärung der Rechtsabteilung der UOK heißt es laut Stiftung "Pro Oriente" (24.12.), das Gesetz verletze die Religionsfreiheit von Millionen von ukrainischen Gläubigen. Es stehe gegen die ukrainische Verfassung, die allgemeine und die europäische Erklärung der Menschenrechte. Die Ukraine sei ein "säkularer Staat", daher sei es nicht möglich, für religiöse Vereinigungen gesetzmäßig Vorteile oder Nachteile zu verfügen. Die UOK zwingen zu wollen, ihren Namen zu ändern, bedeute einen Eingriff in die inneren Angelegenheiten der Kirche und könne zu "unvorhersehbaren Konsequenzen" führen.

Opposition protestiert

Die Opposition im ukrainischen Parlament hatte scharfen Protest gegen das "Gesetz 5309" eingelegt. Das Gesetz richte sich gegen das Gemeinwohl und die Meinung der ukrainisch-orthodoxen Gläubigen und setze die verfassungsfeindliche Haltung in religiösen Fragen fort. "Mittelalterliche Praktiken" entsprechen keiner "demokratischen Gesellschaft", hieß es in der Erklärung der Opposition: "Wir werden weiterhin gegen diese Gesetzlosigkeit kämpfen."

Die UOK sehe auch nach der Abstimmung in der Werchowna Rada keinen Grund, ihren Namen zu ändern, betonte UOK-Informationsabteilungsleiter Erzbischof Kliment. Er nannte in einem TV-Interview die Schwachstellen des Gesetzes: "Nirgendwo wird festgehalten, dass wir Beziehungen irgendeiner Art zu einem ausländischen Zentrum unterhalten, das in einem 'Aggressor-Staat' liegt. Unsere Kirche hat kein Motiv, ihren Namen zu ändern, weil sich ihr administratives Zentrum nicht in einem 'Aggressor-Staat' befindet."

"Erinnert an Judensternverordnung"

Der Sekretär des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Erzpriester Igor Jakimtschuk, sagte, das Kiewer Gesetz erinnere ihn an die nazideutsche Judensternverordnung. Dieses Gesetz werde zur religiösen Konfrontation in der Ukraine führen und "mehr Instabilität in der ukrainischen Gesellschaft" auslösen. Der Vorsitzende des außenpolitischen Duma-Ausschusses, Leonid Slutskij, sagte, es handle sich bei dem ukrainischen Gesetz um eine Maßnahme, die das Schisma in der Ukraine stärken werde.

"Es ist ein Akt der Urkundenfälschung. Die Kirche, die in Kiew seit 1.000 Jahren ist, wird ihres Namens beraubt, und dieser wird einer schismatischen Einheit übereignet." Die ukrainischen Abgeordneten hätten ihre "Vernunft und ihr Gewissen" verloren. Es handle sich um einen weiteren "russophoben Eingriff in religiöse Fragen", der erfolge, um "von den amerikanischen Financiers Lob zu ernten".

Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 gab es in der Ukraine drei große orthodoxe Kirchen: eine des Moskauer Patriarchats und zwei, die sich von diesem abgespalten hatten. Künftig bestehen in der ehemaligen Sowjetrepublik die UOK des Moskauer Patriarchats und die OKU. Letztere will der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., am 6. Jänner offiziell als selbstständige (autokephale) Kirche anerkennen. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. rief unterdessen die Oberhäupter der anderen zwölf autokephalen Kirchen zur Ablehnung der neuen ukrainischen Kirche auf. (APA/KAP, 24.12.2018)