Aufatmen nach der Freilassung aus dem Gefängnis: Max Zirngast muss sich aber weiter vor einem Gerichtsprozess in der Türkei fürchten.

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Ankara – Der im September in der Türkei festgenommene österreichische Journalist und Student Max Zirngast ist am Dienstag unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden. Dies teilte das Außenministerium in Wien der APA mit. "Wir freuen uns mega", hieß es in einer Meldung der Solidaritätsplattform #FreeMaxZirngast auf Twitter.

Zirngast bezeichnete seine Entlassung als "schönes Weihnachtsgeschenk". "Die Haftbedingungen waren nicht so schlecht", meinte er in einem Interview mit dem ORF-Radio. Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation sei "lächerlich", so der Student (29). Er sei nie Mitglied der fraglichen Organisation gewesen und es gebe keinen Beweis für deren Existenz.

Prozess ab April

Seinem Anwalt zufolge muss sich Zirngast wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verantworten. Der Prozess soll am 11. April 2019 beginnen. Bei einer Verurteilung drohen Zirngast bis zu zehn Jahre Haft.

Die drei Monate Haft in der Türkei seien laut Zirngast "nicht so schwer" gewesen, berichtete das Ö1-Journal am Mittwochvormittag. Sein Mithäftling hätte Erfahrung mit Haftbedingungen gehabt, das sei ihm "sehr behilflich" gewesen.

Es habe "gute Disziplin" geherrscht, sie hätten diskutiert, Zeitung gelesen, Sport gemacht und Briefe geschrieben. Aber es habe zwischenzeitlich auch "sehr große Probleme mit dem Wasser" und "kleine Probleme mit den Wärtern" gegeben.

Ausreiseverbot

Seit der Ausrufung des Ausnahmezustandes in der Türkei würden laut Zirngast nicht alle Inhaftierten gleich behandelt. Es gebe eine "sichtbare Verschlechterung" der Haftzustände.

Zirngast war nach seiner Entlassung aus einem Gefängnis in Ankara am Montag zunächst auf eine türkische Polizeistation gebracht und dort festgehalten worden, um auf die Ausstellung eines Ausreiseverbotes aus der Türkei zu warten. Das Verbot, aus der Türkei auszureisen, gehört zu den Entlassungsauflagen für Zirngast.

Der 1989 geborene Steirer studiert seit 2015 Politikwissenschaft an der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara und schreibt für verschiedene Medien in der Türkei und im Ausland, darunter das deutschsprachige linksradikale Magazin "re:volt". Dabei setzte er sich kritisch mit dem Verhältnis der Türkei zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK auseinander und verfasste regierungskritische Texte.

Kneissl erfreut

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) bezeichnete die Entlassung Zirngasts als einen "ersten wichtigen Schritt". "Wir werden uns weiterhin für die möglichst rasche Abwicklung des Strafverfahrens einsetzen", teilte Kneissl mit.

Noch Ende November hatte die Politikerin erklärt, "solange etwas in Gerichtshänden" sei, könne man sich politisch nicht einmischen.

Türkei: Zirngast kommt frei
ORF

Der Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC), Fred Turnheim, begrüßte die Freilassung Zirngasts in einer Aussendung. Gleichzeitig forderte der ÖJC "die sofortige Einstellung des Verfahrens gegen den Österreicher, der pünktlich zu Beginn der Ratspräsidentschaft von Erdogan als Geisel genommen wurde und am Ende der Präsidentschaft wieder freigelassen wurde" sowie "aller politisch motivierten Verfahren in der Türkei gegen rund 170 eingesperrte Journalistinnen und Journalisten".

160.000 Festnahmen

Die Beziehungen zwischen der Türkei und einigen europäischen Staaten – darunter auch Österreich – sind seit dem gescheiterten Putscherversuch gegen Präsident Erdogan 2016 äußerst angespannt. Türkische Behörden haben seitdem rund 160.000 Menschen festgenommen, darunter viele Journalisten, und fast genau so viele Beamte entlassen. (red, APA, 25.12.2018)