Bei dem Anschlag auf die Tree-of-Life-Synagoge in Pennsylvania wurden elf Menschen getötet.

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Tel Aviv / Los Angeles / Pittsburgh – Das Wiesenthal-Zentrum hat eine Liste der nach eigenen Angaben zehn weltweit schlimmsten antisemitischen Vorfälle im Jahre 2018 veröffentlicht. Auf Platz eins steht der US-Attentäter Robert Bowers, der im Oktober bei einem Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh elf Menschen getötet hat.

Die Tat des bekennenden Neonazis zeige "die Gefahren einer Gesellschaft, in der es nicht mehr tabu ist, auf sozialen Medien und in der realen Welt Hass und Intoleranz zu verbreiten", hieß es in der Mitteilung des 1977 gegründeten Zentrums, das mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt geworden ist.

Auf dem zweiten Platz steht der Führer der Bewegung "Nation of Islam", Louis Farrakhan. Auf Platz drei sieht das Wiesenthal-Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles Campusse von US-Universitäten und verweist dabei unter anderem auf Hakenkreuz-Schmierereien.

Britischer Labour-Chef auf Platz vier

Der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn erscheint auf Platz vier der Liste. Seit Jahren werden gegen Corbyn und seine Partei Antisemitismusvorwürfe erhoben. Kritiker werfen dem Altlinken eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor. Im August räumte er in einem Video ein, dass Labour ein Problem mit Antisemitismus habe. Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder seien zu langsam und zu zaghaft betrieben worden. Ein Labour-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, Corbyn und seine Partei unterstützten die jüdische Gemeinschaft. "Wir handeln gegen Antisemitismus, solidarisieren uns mit jüdischen Gemeinden und bauen wieder Vertrauen auf."

Auf Platz fünf setzt das Wiesenthal-Zentrum das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen. Die Einrichtung habe der im Gazastreifen herrschenden Palästinenserorganisation Hamas "massiven Kindesmissbrauch" ermöglicht, an UN-Schulen werde Antisemitismus gefördert. Ein Sprecher des Hilfswerks wies den Vorwurf am Donnerstag zurück. "Das UNRWA verurteilt Rassismus, einschließlich von Antisemitismus, auf das Schärfste", hieß es. "Das UNRWA ist eine neutrale humanitäre Organisation, die einer Bevölkerung von rund fünf Millionen palästinensischen Flüchtlingen Unterstützung und Schutz bietet."

Airbnb auf Platz sechs

Auf Platz sechs liegt der Unterkunftsvermittler Airbnb. Das US-Unternehmen hatte im November erklärt, Unterkünfte in israelischen Siedlungen aus dem Angebot zu nehmen, weil diese sich im "Zentrum des Streits zwischen Israelis und Palästinensern" befänden. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass Airbnb in anderen umstrittenen Regionen der Welt, etwa Zypern, ähnlich vorgehe, hieß es in dem Bericht des Wiesenthal-Zentrums.

Auf Platz sieben steht die deutsche Bank für Sozialwirtschaft. Als Begründung hieß es, die Bank arbeite mit der Organisation "Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost" zusammen, die sich für einen Israel-Boykott einsetze. Von der Bank steht eine Antwort auf eine Anfrage noch aus.

Auf Platz acht folgt die US-Bischöfin Gayle Harris. Das Wiesenthal-Zentrum wirft ihr vor, sie habe zwei Beispiele für ein hartes Vorgehen der israelischen Armee gegen Palästinenser erfunden. Später habe sie einen Fehler eingestanden.

Auf Platz neun liegt das schwedische Karolinska-Krankenhaus. Der Chef der Neurochirurgie habe drei dort angestellte jüdische Ärzte systematisch diskriminiert, lautet der Vorwurf. Das Krankenhaus habe darauf nicht angemessen reagiert. Klinikleiterin Annika Tibell sagte der Zeitung "Dagens Nyheter", es sei "sehr schwerwiegend", dass das Krankenhaus auf der Liste erscheine. Die Klinik teilte mit, sie verfolge eine Nulltoleranzpolitik gegenüber jeder Form von Diskriminierung. Das Krankenhaus hat eine Untersuchung eingeleitet, das Ergebnis soll Ende Jänner vorliegen.

Auch Roger Waters auf der Liste

Platz zehn belegt die Rocklegende Roger Waters. Der 75-Jährige gilt als prominentester Fürsprecher der antiisraelischen Bewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen). Ihm wird vorgeworfen, mit seiner harschen Kritik an Israels Regierung in Antisemitismus abzugleiten – Rogers selbst bestreitet den Vorwurf. (APA, 27.12.2018)