Diese Tiere wurden auf Galveston Island entdeckt. Ihre Einstufung ist allerdings nicht ganz leicht.
Foto: Ron Wooten

Princeton – Dass der Wolf in Nordamerika nicht einfach nur "wolf", sondern "gray wolf" heißt, liegt daran, dass es dort auch ein Gegenstück in Rot gibt. Worum genau es sich beim Rotwolf handelt, der kleiner und leichter gebaut ist als ein herkömmlicher Wolf, ist unter Biologen allerdings seit jeher umstritten.

Es könnte sich um eine ganz eigene Spezies handeln, die so wie der Kojote mit dem Wolf lediglich nah verwandt ist. Oder es ist eine Unterart des Wolfs – der hat sich immerhin über die gesamte Nordhalbkugel ausgebreitet und in diesem riesigen Gebiet eine ganze Reihe von Subspezies hervorgebracht, von denen einige im Zeitalter des Menschen schon wieder ausgestorben sind. Oder vielleicht ist er auch nur das Produkt der Vermischung von Wölfen und Kojoten.

Radikaler Schritt

In den 1970er Jahren stand der Rotwolf bereits ganz knapp am Rand des Aussterbens. Damals wurde in den USA ein radikaler Beschluss gefasst: Man las kurzerhand alle Rotwölfe, derer man habhaft werden konnte, auf, und transferierte sie zwecks Nachzucht in Gefangenschaft. In seinem natürlichen Lebensraum, dem Südosten der USA, galt der Rotwolf seitdem als ausgestorben.

Nun berichten Forscher der Princeton University, dass zumindest genetische Spuren des Tiers immer noch in der Wildnis vorhanden sind. Ein Wildhüter erzählte den Forschern von nicht identifizierbaren wolfsähnlichen Tieren auf Galveston Island, einer sehr flachen, über 40 Kilometer langen Insel vor der Küste von Texas. Er schickte ihnen auch den Kadaver eines Exemplars, das von einem Auto überfahren worden war, sowie Blutproben von einem zweiten.

DNA-Analysen und Vergleiche mit verschiedenen Hundeartigen ergaben, dass die unbekannten Tiere von Galveston Island sowohl Kojoten- als auch Rotwolf-Erbgut in sich tragen. Hybridisierung kommt in der Natur vor. Normalerweise ziehen Wölfe und Kojoten zwar Paarungspartner aus der eigenen Spezies vor – doch wenn keine vorhanden sind, nehmen sie auch mit dem nächstbesten vorlieb.

Genetische Auffrischung oder Verwässerung?

Forschungsleiterin Elizabeth Heppenheimer ist nun am Überlegen, ob diese Mischlinge dem Nachzuchtprogramm des Rotwolfs zugute kommen könnten. Der steht nämlich schon wieder am Rand des Aussterbens. Anfangs lief das Zuchtprogramm sehr gut, und 1990 konnte eine Rotwolf-Population in North Carolina ausgewildert werden. Die ist allerdings inzwischen wieder auf weniger als 40 Tiere zusammengeschrumpft.

Texas würde sich laut Heppenheimer als Ort für ein neues Auswilderungsprogramm anbieten. Dort könnten sich die Tiere aus der Zucht mit den nun entdeckten Kojoten-Rotwolf-Hybriden vermischen – etwas, das bei Arterhaltungsprogrammen normalerweise vermieden wird, hier jedoch verloren gegangenes Rotwolf-Erbgut auf Umwegen in die Zuchtpopulation zurückbringen könnte. Auch wenn der Status des roten Wolfs als Art oder Unterart nach all diesen Vermischungsprozessen wohl noch unklarer wäre als jetzt schon. (jdo, 30. 12. 2018)