Mailand/Wien – Ein 25-jähriger Wiener, der seit mehr als drei Jahren als vermisst galt, lebt offenbar in einer betreuten Einrichtung in Mailand. Der junge Mann, ein Autist, war am 9. November 2015 scheinbar spurlos aus einer Betreuungseinrichtung in Wien-Währing verschwunden.

Arian S. habe einem Betreuer erst vor wenigen Tagen seinen richtigen Namen genannt, berichtete die Tageszeitung "La Repubblica". Der Direktor der Einrichtung, Riccardo Tanieli, bestätigte diese Information am Freitag der APA.

Der Wiener war am 12. November 2015 in Pieve Emanuele bei Mailand in verwirrtem Zustand entdeckt und in das Krankenhaus Sesto San Giovanni gebracht worden. Dort wurde bei dem Mann, der nicht Italienisch sprach, zunächst eine Psychose diagnostiziert. Später wurde er von den Mailänder Sozialdiensten in einer Gemeinschaft für Autisten untergebracht.

Unter Antonio Gallo registriert

Versuche, seine Identität herauszufinden, scheiterten laut Tanieli. Der Wiener wurde unter dem Namen Antonio Gallo registriert. Im Mai 2017 wurde sein Fall in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" thematisiert. In der Spezialausgabe ging es um verschwundene Menschen. Auch in "Chi l'ha visto?" (Wer hat ihn gesehen?), einer Sendung im italienischen Fernsehen, wurde sein Fall aufgerollt.

In der Mailänder Gemeinschaft lernte er einige Worte Italienisch. Deutsch sprach der zweisprachige Mann dort offenbar nicht, möglicherweise aber Persisch – eine Sprache, die seine Betreuter in Mailand nicht zuordnen konnten. Mehrmals versuchte er sich abzusetzen, wurde jedoch wieder in die Einrichtung zurückgebracht.

Wende am Mittwoch

Zu einer überraschenden Wende kam es am Mittwoch. "Arian war sehr nervös, weil der Bursch, mit dem er das Zimmer teilte, zu Weihnachten nach Hause gefahren war. Plötzlich sagte er, er wolle die Polizei rufen", sagte Giuseppe Tamburrino, der den Wiener betreut, zu "La Repubblica".

"Ich habe Arian gesagt, ich würde die Polizei rufen, doch er müsse mir dafür seinen richtigen Namen sagen", wurde Tamburrino zitiert. Arian nannte daraufhin den Namen seines persischen Vaters. "Ich habe im Internet gesucht und die richtige Identität Arians entdeckt", erklärte Tamburrino. Der Betreuer verständigte die Polizei, die dem Wiener die Fingerabdrücke abnahm und die Behörden in Wien benachrichtigte. Den Beamten in Mailand sagte er, er habe einen Zug genommen, um "einen Urlaub" zu machen.

Videotelefonat mit der Mutter

Die Mutter des Wieners wird morgen, Samstag, nach Mailand fahren, um ihren seit mehr als drei Jahren vermissten Sohn heimzuholen. Das gab das Bundeskriminalamt (BK) bekannt. "Sohn und Eltern haben am Nachmittag über Videotelefon miteinander gesprochen", sagte Gerhard Lang vom BK zur APA.

Die Freude über das Wiedersehen sei auf beiden Seiten riesengroß gewesen. "Die Eltern sind nicht nur glücklich, weil sie nun wissen, wo sich ihr Sohn befindet und sie ihn bald sehen, sondern auch darüber, dass es ihm in den drei Jahren gut gegangen ist", sagte Lang. Mit Journalisten möchte die Familie vorerst nicht sprechen, merkte der BK-Beamte an. (red, APA, 28.12.2018)